Montag, 15. Juni 2015

Der Islamische Staat



Ein neuer Akteur auf der Weltbühne

Seit mehreren Jahren stellt das Erstarken des „Islamischen Staates“ im Nahen Osten eine erhebliche Gefährdung für die Stabilität der Region dar. Ziel der Organisation ist die Errichtung eines Gottesstaates nach den Gesetzen der Scharia und eine Ausweitung der Herrschaft über das Gebiet des Nahen Ostens hinaus. Vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sowie von nationalstaatlichen Regierungen wird der IS als terroristische Vereinigung eingestuft. Auch muslimische Gelehrte lehnen das IS-Kalifat ab und haben sich in einem offenen Brief von der Organisation distanziert. Doch was ist eigentlich der „Islamische Staat“? Wie finanziert und organisiert er sich? Und welche ökonomischen, politischen und rechtlichen Gegenstrategien sind möglich?

Thematische Einordnung

 Ist der IS aus völkerrechtlichter Perspektive ein Staat? 

 Die völkerrechtliche Einordnung des Islamischen Staates ist relativ kompliziert. Barack Obama sagte im September 2014 dazu: „The Islamic State is neither Islamic nor a state“. Als Begründung für den zweiten Teil seiner Aussage nennt er, dass der IS als Zweig der Al-Qaida im Irak herausgebildet habe, der weder von den Regierungen der Welt, noch von den ihm unterworfenen Personen anerkannt werde. Es handle sich um eine terroristische Organisation.
Nach der Drei-Elementen-Lehre von Georg Jellinek muss ein mögliches Staatsgebilde drei Merkmale aufweisen, um als Staat und somit als Völkerrechtssubjekt zu existieren. Zunächst muss eine effektive Staatsgewalt vorliegen. Der IS operiert zwar unabhängig von anderen Staaten und verfügt über einen funktionierenden Staats- und Verwaltungsapparat. Allerdings kann zum jetzigen Zeitpunkt die Dauerhaftigkeit dieser Staatsgewalt noch nicht bestätigt werden. Zudem ist die Staatsgewalt des Iraks und Syriens noch vorhanden ist, demnach liegt kein Gewaltmonopol des IS vor. Das zweite Merkmal ist das Vorhandensein eines Staatsvolkes. In den Gebieten, die der IS beherrscht, leben acht Millionen Menschen, die zu einem großen Teil der sunnitischen Religionsgemeinschaft angehören. Jedoch sind sie keine Staatsbürger des IS. Das letzte Merkmal ist das Staatsgebiet: Der IS kontrolliert ein Gebiet, was nach Eroberungen und Rückeroberungen variiert. Zudem gehört dieses Gebiet noch zu Irak und Syrien, also nicht zum Territorium des IS. Zu fast jedem der drei Staatsmerkmale lassen sich Unterstützungs- und Gegenpositionen finden. Die Einordnung des IS als Staat ist folglich nicht eindeutig und fordert zudem unser Staatsdenken heraus (Janik: 2015). Es ist festzustellen, dass allenfalls der IS sich selbst als Staat sieht, es jedoch sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Regierung ihn in der nächsten Zeit als ein solches Gebilde anerkennen wird.

Der Islamische Staat als Form des transnationalen Terrorismus? 
Nach dem Politikwissenschaftler Schneckener existieren insgesamt drei Typen von Terrorgruppen, in welche sich fast alle existierenden Terrororganisationen einordnen lassen: der national agierende Terrorismus, der international operierende und der transnationale Terrorismus (Schneckener:  2002).
Laut Schneckener spricht man vom national agierenden Terrorismus oder internen Terrorismus, wenn „Terroristen innerhalb ihres Heimatstaats Gewalt gegen andere Bewohner ausüben, daß heißt Täter und Opfer besitzen möglicherweise die gleiche Staatsangehörigkeit oder leben zumindest auf dem gleichen Staatsgebiet.“ (Schneckener: 2006). Diese Gruppen sind bestrebt die nationalen Ordnungen zu verändern und verüben die allermeisten Attentate im Inland. Diese Form des Terrorismus existiert bereits seit  dem Beginn von moderner Staatlichkeit und findet sich gehäuft im 19. und 20. Jahrhundert. Typischerweise verfügen diese Terrororganisationen im Inland auch über einen „politischen Arm, der zum Teil auch parlamentarisch aktiv ist“ (Schneckener: 2006) . Kommt es zu Kooperationen mit auswärtigen Akteuren, so sind diese ausschließlich pragmatischer Natur und helfen den Gruppen primär bei ihrer logistischen Organisation. Als Beispiele für diese Form des Terrorismus kann man die irische IRA, die italienischen Roten Brigaden sowie die baskische ETA nennen.
Der Übergang vom national agierenden zum international operierenden Terrorismus kann fließend sein und die meisten Terrororganisationen entwickeln sich erst im Laufe ihrer Geschichte zu international operierenden Terrororganisationen. Für diese Form des Terrorismus gibt es zwei weitgehend anerkannte Definitionen. „The term international terrorism means terrorism involving citizens or the territory of more than one country.“ definiert das Außenministerium der USA den internationalen Terrorismus (United States Department of States: 2003) . Konkreter und detaillierter wird die Definition der RAND Studie, die Terrorismus wie folgt definiert: „incidents in which terrorists go abroad to strike their targets, select victims or targets that have connections with a foreign state, or create international incidents by attacking airline passengers, personnel, or equipment.“( RAND Studie: 1986).
Streben die Terroristen auch bei dem internationalen operierenden Terrorismus weiterhin die Änderung einer nationalen Ordnung an, so agieren sie doch bewusst auf der internationalen Ebene, um ihre Forderungen weltweit bekannt zu machen, für sie zu werben, und Druck auf die nationalen Regierungen auszuüben. Die PFLP der 60er Jahre gilt als „Prototyp“ dieser Form des Terrorismus (Schneckener: 2006).
Der transnationale Terrorismus ist eine Weiterentwicklung aus den beiden zuvor erwähnten Terrorismuskonzepten, welcher einige Terrorismusorganisationen des 21. Jahrhunderts auszeichnet. Als „Prototyp“ gilt die Organisation „Al Qaida“(Schneckener: 2006).  Den transnationale Terrorismus kennzeichnen bestimmte Charakteristika, die ihn vom „alten, traditionellen Terrorismus“ unterscheiden. Die wichtigsten Merkmale werden im Anschluss kurz genannt und erläutert.
Hauptziel der transnationalen Terrorist_innen ist es nicht mehr, die nationale Ordnung „umzustürzen“, sondern die internationale oder zumindest die regionale Ordnung als Gesamtes zu verändern. Dabei wendet sich die Gruppe meist gegen den vermeintlichen Hegemon der Weltgemeinschaft oder einer bestimmten Weltregion und agiert über staatliche Grenzen hinaus (Schneckener: 2006).
Mit einer transnationalen Ideologie und der Schaffung eines globalen bzw. regionalen Feindbilds versuchen transnationale Terrorgruppen ihre Mitglieder aus unterschiedlichen Gebieten der Welt zu „rekrutieren“. „Der transnationale Terrorist [ist] seinem lokalen Milieu entwachsen, er ist letztlich heimatslos und ein moderner Nomade. Er besitzt zwar eine Herkunft und eine Staatsbürgerschaft, die aber für seine Aktivitäten relativ bedeutungslos sind.“ (Schneckener: 2006) Ein weiteres Charakteristikum des transnationalen Terrorismus ist demnach die multinationale Mitgliedschaft seiner Anhänger. Religiös fundamentalistische Ideologien eignen sich laut Schneckener besonders gut als transnationale Ideologien, da sie am ehesten fähig sind „nationale, kulturelle, [...] und sprachliche Unterschiede“( Schneckener: 2006) zu überwinden und Mitglieder aus verschiedenen Nationen zu vereinen, die für ein gemeinsames Ziel kämpfen. Die Organisation des Islamischen Staats ist am ehesten der Gruppe des transnationalen Terrorismus zuzuordnen.  Bereits seit Ende 2012 konnte diese Organisation mehr als 15.000 Menschen aus der ganzen Welt motivieren, nach Syrien auszureisen um in den Jihad zu ziehen. 
Des Weiteren zeichnet die Organisation durch eine transnationale Ideologie aus, genauer gesagt bedient sich der Islamische Staat einer salafistisch- dschihadistischen Ideologie. Der Salafismus ist eine Form des sunnitischen Islamismus, dessen  Anhänger es sich zum Ziel gesetzt haben, ihr Leben nach dem Vorbild des Propheten Mohammed auszurichten. Dabei berufen sie sich auf eine „idealisierte Gesellschaft des Ur-Islams“ (Steinberg: 2012) des siebten und achten Jahrhundert und wollen diese wiederherstellen. Als Unterkategorien des Salafismus werden in der Literatur der salafistische Dschihadismus und Purismus, sowie der politische Salafismus genannt. Der Islamische Staat ist am ehestem der dschihadistisch-salafistischen Bewegung zuzuordnen, da diese den bewaffneten Kampf als heiligen Krieg ansieht, den alle frommen Muslim_innen unterstützen sollten, bzw. gar verpflichtet seien sich diesem anzuhängen. Dieser heilige Krieg richtet sich dabei gegen Nichtmuslim_innen und alle Muslim_innen, die den Glauben in seiner modernen Form ausleben (für den Islamischen Staat vor allem die Shiiten) und welche als „Ungläubige“ verurteilt werden. 
Ziel des Islamischen Staats ist insbesondere die Errichtung eines weltweiten Kalifats, welches der derzeitige Anführer Abu Bakr al Baghdadi am 4. Juli 2014 ausrief. Der Begriff des Kalifats tritt das erste mal  im 7. Jahrhundert auf, in dem die vier „rechtgeleiteten Kalifen“ über weite Teile der arabischen Halbinsel und Nordafrikas herrschten, sie galten als die direkten Nachfolger des Propheten Mohammeds.  Indem Abu Bakr al Bagdadi die Rolle eines heutigen Kalifen einnimmt, beansprucht er  somit ebenfalls die direkte Nachfolge des Propheten Mohammed als politisches und religiöses Oberhaupt der Muslime und regiert damit der Ideologie nach als „Stellvertreter“ Gottes auf Erden. Durch seine Stellung als Kalifen beansprucht er universalen Herrschaftsanspruch für alle Muslime, unabhängig davon auf welchem Territorium sie leben (Steinberg: 2014). Mit dieser Motivation sind auch die Expansionsbestrebungen des Islamischen Staats zu erklären. Innerhalb dieses Kalifats soll die Scharia, das islamische Recht, durchgesetzt werden.
Anders als andere transnationale terroristische Gruppen bedient sich der Islamische Staat keiner typischen dezentralen Netzwerkstruktur, bei der die die jeweiligen „Ableger“ über Länder und Kontinente hinweg sehr gut miteinander verknüpft sind (Beispiel: Al Qaida). Vielmehr kann der Islamische Staat auf eine hierarchische Struktur zurückgreifen, die sich allmählich zu einem Staatsapparat entwickelt (zumindest innerhalb seines unter Kontrolle gebrachten Territoriums). Anders als herkömmliche Terrorismusgruppen ist der Islamische Staat finanziell und personell stark genug aufgestellt, um nicht aus dem Untergrund agieren zu müssen; er kann sich somit einer symmetrischen Kriegsführung bedienen.
Wie finanziert sich der Islamische Staat? 
Der Islamische Staat - reichste Terrororganisation oder ärmster Staat der Welt (Pizzi: 2014)? Der IS stellt die politische Ökonomie des Terrorismus vor neue Herausforderungen. Seine Organisationsstrukturen, die Akquirierung finanzieller Mittel, seine schnelle Ausbreitung und die Bestimmtheit, mit der  er seine Macht ausweiten möchte, reichen über bisherige ökonomische Modelle, die Maßnahmen gegen terroristische Aktivitäten vorschlagen, hinaus. Dennoch sollte sich die Frage gestellt werden, wie der IS ökonomisch geschwächt werden kann, um seine Einflussnahme in der Region zurückzudrängen.
Dieser Frage ist zunächst ein Überblick über die Finanzierungsquellen des IS vorangestellt.
Abbildung 1: Finanzierungsquellen

Obenstehendes Diagramm stellt die unterschiedlichen Ressourcen des IS dar. Auffällig hierbei ist die Autonomie der Terrorganisation von externen Geldgeber_innen.
Über 50% seiner Einnahmen bezieht der IS aus der Förderung und dem Verkauf natürlicher Ressourcen, allen voran Erdöl. Das geförderte Öl bzw. Erdgas wird an unterschiedliche Abnehmer_innen verkauft: IS-Anhänger_innen, Schiit_innen, Kurd_innen usw., die das Öl weiterverkaufen. Es wird zum Endverbrauch meist weiter in den Iran, nach Jordanien und die Türkei transportiert. Man vermutet, dass der Ölpreis des IS momentan bei 18 US-Dollar/ Barrel (Belli et al. 2014) liegt, wobei der derzeitige normale Ölpreis ca. 60 US-Dollar/Barrel beträgt (Vgl. www.finanzen.net/rohstoffe/oelpreis).  Über die ausgebaute Schattenwirtschaft gelangt der Islamische Staat zu sehr großen Einnahmen im Vergleich zu anderen Terrororganisationen. Insgesamt werden die gesamten Vermögenswerte innerhalb des Einflussbereichs des IS auf ca. 2 Billionen US-Dollar geschätzt, mit einem Jahreseinkommen von ungefähr 2,9 Milliarden US-Dollar (Brisard/Martinez 2014: 3).
Um den Handlungsspielraum des IS einschränken zu können, müssen die Handelswege der Schattenwirtschaft unterbrochen werden. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, welche später anhand eines rationalen Entscheidungsmodells nach Bruno Frey und Simon Lüchinger diskutiert werden.

Gegenstrategien I – Die Luftangriffe
Völkerrechtliche Legitimation
Seit September 2014 führt eine Koalition aus 13 Staaten unter Führung der USA Luftangriffe gegen den IS in Irak und Syrien durch. Hier stellt sich die Frage nach der völkerrechtlichen Legitimation dieses Einsatzes, schließlich wird die Souveränität der beiden Staaten eingeschränkt. Für die beiden Länder ist diese Frage unterschiedlich zu beantworten.
Die USA rechtfertigen ihr Eingreifen in die Souveränität des Iraks mit der Zustimmung der irakischen Regierung, für sie das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 UN-Charta wahrzunehmen. Diese habe sie ausdrücklich um Unterstützung im Kampf gegen den IS gebeten. International wird die Intervention im Irak als gerechtfertigt und somit als völkerrechtskonform bewertet (Kehlbach: 2014).
Im Falle Syriens ist die Beurteilung der Lage weniger eindeutig. Die USA argumentieren, dass die Angriffe auf die IS-Stellungen in Syrien durch das Selbstverteidigungsrecht des Iraks gedeckt seien, da der Irak von diesen Stellungen aus bedroht werde (Kehlbach: 2014). Diese Rechtfertigung gilt als  nicht ausreichend, da der verfügbare legale Weg von den USA ausgeschlagen wurde – nämlich eine Zustimmung Syriens zu erlangen. Um Rechtssicherheit zu schaffen, müsse eine Zustimmung Syriens vorliegen, was jedoch einen massiven Gesichtsverlust für die USA bedeutet, da man dies als Kooperation der beiden Staaten auslegen könnte (Monath: 2014).
Eine andere Möglichkeit, wäre ein UN-Mandat nach Kapitel VII der UN-Charta. Die Feststellung der Friedensgefährdung nach Artikel 39 UN-Charta ist Voraussetzung für ein Mandat aufgrund von Artikel 41 und 42 der UN-Charta: Nachdem eine Friedensgefährdung durch den UN-Sicherheitsrat festgestellt wurde, können von ihm Maßnahmen getroffen werden, die das Ziel haben, die internationale Sicherheit wieder herzustellen. Auf diese Weise ließe sich eine militärische Intervention gegen den IS in Syrien rechtfertigen; angesichts des zu erwartenden Vetos von Russland und China im Sicherheitsrat bestehen kaum Chancen für ein solches Mandat.
Macht(un)gleichgewicht im Nahen Osten 
Um die Luftangriffe der USA und ihrer Koalitionspartner auf die Stützpunkte des Islamischen Staats in Syrien und im Irak bessert verstehen zu können, werden die Machtverhältnisse im Nahen Osten in diesem Beitrag aus einer neorealistischen Perspektive nach Kindleberger betrachtet (Kindleberger: 1981) . Der Theorie nach handeln die Staaten egoistisch und zweckrational, da das internationale System von Anarchie gekennzeichnet wird , also der Abwesenheit von einer Macht, die Regeln aufstellen und durchsetzen kann. Aus diesem Grund streben die Staaten nach einem Machtgleichgewicht im System, damit es nicht zur Dominanz eines einzelnen Akteurs kommen kann, der über die anderen bestimmt. Die Bildung von Allianzen dienen nur dem Zweck der Ausbalancierung der Macht der verschiedenen Staaten und sind nicht von Dauer.   
Es ist möglich den Konflikt aus der vorgestellten Perspektive wie folgt zu betrachten: Im Nahen Osten und Mittleren Osten gibt es zunächst nach der Meinung vieler Autoren zwei Staaten, die die regionale Hegemonie anstreben, einerseits das sunnitische Saudi Arabien und andererseits der schiitische Iran (Khwais: 2014).  Mit dem Rückzug der US amerikanischen Truppen aus dem Irak 2011 und dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2012 ist in der Region ein Machtvakuum entstanden welches durch die beiden regionalen Mächte nicht zufriedenstellend ausgefüllt werden konnte. Gerade im syrischen Bürgerkrieg wurde dies mehr als deutlich: Unterstützten die iranische Regierung das alawitisch geführte Assad Regime,  waren Länder wie Saudi Arabien besonders daran interessiert, die hauptsächlich sunnitischen Rebellen im Bürgerkrieg gegen Assad  zu unterstützen, um das alawitische Regime Assads stürzen zu können. Gerade in der Anfangszeit wurden somit extremistisch sunnitische Gruppen sowohl von Saudi Arabien als auch Katar finanziell unterstützt, was dazu beitrug, dass sich der „Islamische Staat“ als neuer Akteur im Nahen Osten etablieren konnte (Khwais: 2014). Das Erstarken des „Islamischen Staats“, welcher durch sein expansives Handeln nach der neorealistischen Theorie ebenfalls danach strebt, ein regionaler Hegemon zu werden, hat den Nahen und Mittleren Osten in ein multipolares System der Mächte verändert, da sowohl der Iran als auch Saudi Arabien zu schwach waren um das entstandene Machtvakuum auszufüllen.  Dies hat zu großer Unsicherheit und Instabilität in der Region geführt, welche nicht nur im syrischen Bürgerkrieg und der Bekämpfung der Truppen des IS in Irak und Syrien deutlich wird, sondern auch in der derzeitigen Jemen-Krise.
 Abbildung 2: Regionalmächte

Was haben die USA bisher getan um dieses entstandene Mächteungleichgewicht und den Islamischen Staat zu bekämpfen?

 «Ich will, dass die Amerikaner verstehen, wie dieser Einsatz sich von den Kriegen im Irak und in Afghanistan unterscheiden wird. Er wird keine amerikanischen Gefechtstruppen beinhalten, die auf ausländischem Boden kämpfen. Diese Kampagne zur Terrorismusbekämpfung wird durch einen stetigen, unerbittlichen Einsatz geführt, den IS auszuschalten, wo auch immer er existiert, indem wir unsere Luftmacht und die Unterstützung unserer Partnerkräfte am Boden nutzen.» Barack Obama
 
Wie bereits oben erklärt wurde, handelt es sich bei dem „Islamischen Staat“ um eine transnationale Terrororganisation die über Teile des Iraks und Syrien de facto Herrschaftsgewalt ausübt und zumindest in begrenzten Teilen staatliche Strukturen aufweist. Da diese Terrororganisation die Souveränität der Staaten Syrien und Irak verletzt sowie eine Reihe von Verbrechen wie Sklaverei, Vergewaltigungen und Exekutionen gegen Teile der dort lebenden Bevölkerung verübt und das Machtgleichgewicht des Mittleren und Nahen Osten aus der Balance bringt, gibt es ein erhebliches Interesse der internationalen Gemeinschaft den Islamischen Staat an der „Eroberung“ weiterer Territorien zu hindern und ihn in seiner Organisation als Ganzes zu destabilisieren.
Seit August letzten Jahres fliegen die USA in Kooperation mit einigen europäischen Staaten, aber auch mit sunnitischen Verbündeten im Nahen Osten, namentlich Saudi Arabien, Bahrain, Katar und den Arabischen Emiraten Luftangriffe auf die Stützpunkte des Islamischen Staats. Insbesondere  Saudi Arabien gilt als langjähriger Verbündeter der USA, da die beiden Staaten ähnliche  Interessen in der Region verfolgen. Zunächst fand diese Intervention wie bereits oben erklärt nur auf dem Staatsgebiet des Iraks statt, wurden aber im Laufe der Zeit auf das Territorium Syriens ausgeweitet.
Des Weiteren unterstützt die US Regierung aber auch die eigens ausgebildete irakische Armee, die im Nordirak gegen den Islamischen Staat kämpft. Da diese jedoch relativ schwach ist, wird davon ausgegangen, dass die USA schiitische Milizen, die vom Iran finanziert werden, de facto mitfördert. Auch die Verständigung über Eckpunkte bei dem internationalen Nuklearabkommen mit dem schiitisch regierten Iran hat zu großen Spannungen zwischen Saudi Arabien und den USA geführt, aber  den Iran wieder auf die internationale Politikbühne zurückgeholt.
Dementsprechend ist fraglich, was genau die USA mit ihrer derzeitigen Intervention im Nahen Osten bezwecken wollen. Einerseits scheint es ihnen wichtig, Saudi Arabien weiterhin zu unterstützen und somit möglicherweise eine hegemoniale Stabilität unter der „unipolaren“ Macht Saudi Arabiens herbeizuführen (siehe hegemoniale Stabilitätstheorie:  Gilpin: 1987, Kindleberger: 1981), andererseits sind sie durchaus bemüht, die Macht Saudi Arabiens durch die politische Integration des schiitisch geführten Iran auszubalancieren und könnten somit daran interessiert sein ein stabiles bipolares System herbeizuführen (siehe Mearsheimer: 2001).
Fest steht zumindest, dass das Hauptziel der USA im Nahen im Moment die Zerstörung des IS und die Herbeiführung einer regionalen Stabilität ist. Erst in der Entwicklung des Konflikts wird man allerdings evaluieren können, welche Strategie die USA dabei konkret verfolgen und wie erfolgreich diese ist.

Gegenstrategien II – Alternative Möglichkeiten
Terrorismusbekämpfung im Rahmen des Völkerrechts
Im Völkerrecht gibt es vier Mechanismen, im Rahmen derer gegen Terrorismus vorgegangen werden kann (Meszáros: 2007). Dies sind zum Einen Vertragstexte, die von der UN-Generalversammlung angenommen werden und vorher im Rahmen der UN oder von Staatenkonferenzen ausgearbeitet worden waren. Diese haben das Ziel, die unterschiedlichen Rechtsordnungen der Staaten in Bezug auf Terrorismus zu harmonisieren und auf diese Weise sogenannte „Safe Havens“ zu verhindern. Es handelt sich um sachbezogene Normengesetze gegen spezifische, häufig auftretende terroristische Handlungen, die Straftatbestände formulieren. Seit 1963 wurden 13 Konventionen und drei Protokolle zu dem Thema verabschiedet. Es ergeben sich jedoch drei Probleme: Erstens kann der Problemgegenstand nicht umfassend verrechtlicht werden, da die Ausprägungen sehr vielfältig sind. Dafür wäre beispielsweise auch eine allgemein gültige Definition wichtig, um auf diese Weise eine möglichst große Zahl an Tatbestandsmerkmalen zu erfassen. Diese ist jedoch noch nicht vorhanden. Des Weiteren existiert auf internationaler Ebene kein wirksames Verfahren der Rechtsdurchsetzung, das die Einhaltung der Konventionen kontrollieren könnte.
Das zweite Instrument gegen den Terrorismus ist das Völkerstrafrecht im Rahmen der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs. Vor dem IStGH in Den Haag können eine Reihe von internationalen Verbrechen angeklagt werden, die in Artikel fünf des IStGH-Statut aufgelistet sind: Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Verbrechen der Aggression. Terrorismus ist nicht als eines dieser Verbrechen eingestuft, er kann demnach nicht vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden. Im März dieses Jahres wurde jedoch ein Bericht des Hohen Kommissariats für Menschenrechte der Vereinten Nationen veröffentlicht, in dem der IS des Völkermordes gegen die religiöse Gemeinschaft der Jesiden beschuldigt wurde. In diesem Fall könnte der IS bzw. Akteure des IS vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden.
Als Drittes sind die Regelungen in der UN-Charta zu erwähnen. In dieser wird der Terrorismus jedoch nicht erwähnt, da es sich ursprünglich um eine Konfliktregelung zwischen Staaten handelte und nicht um dieses neue Phänomen der privatisierten Gewalt. Durch die veränderte Bedrohungslage hat sich das Völkerrecht gewohnheitsrechtlich weiterentwickelt, indem sich auf internationaler Ebene eine Reihe von konkretisierenden Interpretationen der Charta-Artikel etabliert hat. Hierbei ist z.B. das IGH-Urteil zum Nicaragua-Fall aus dem Jahre 1986 zu erwähnen, in dem entschieden wurde, dass bewaffnete Angriffe nach Artikel 51 der UN-Charta auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen können, sofern diese Angriffe einem Staat zuzuschreiben sind.
Die vierte Möglichkeit sind UN-Sicherheitsrats-Resolutionen. Der Sicherheitsrat trägt die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Vor dem 11. September 2001 wurden Akte des Terrorismus nur dann als Bedrohung des Friedens deklariert, wenn sie einem Staat zuschreibbar waren. Mit den Terroranschlägen änderte sich diese Wahrnehmung überwiegend: jegliche Akte des internationalen Terrorismus wurden als Bedrohung der internationalen Sicherheit und des Weltfriedens angesehen unabhängig davon, ob sie einem Staat zuzuschreiben sind. Als Reaktion verabschiedete der Sicherheitsrat der Sicherheitsrat zwei Resolutionen, die das Recht zur Selbstverteidigung festlegte und konkrete Verpflichtungen für Mitgliedsstaaten zur Bekämpfung des Terrorismus regelte. Auch am 24. September 2014 – zeitgleich zur militärischen Intervention in Irak und Syrien - formulierte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, mit der das Reisen für mutmaßliche Terroristen in die besagten Gebiete verhindert werden sollte.
Eine ökonomische Analyse des IS-Terrorismus
Die Möglichkeiten gegen den IS vorzugehen, scheinen vielfältig zu sein: Kriegerische Intervention, Unterbindung der Schattenwirtschaft, Ausschluss des IS aus dem internationalen Bankensystem... Doch welche Maßnahmen können ihn tatsächlich schwächen? Sind ökonomische Modelle in der Lage darüber eine Aussage zu treffen und mögliche Konsequenzen von Gegenstrategien einzuschätzen?
Basierend auf dem rationalen Entscheidungsmodell haben Bruno Frey und Simon Lüchinger ein Modell aufgestellt, an dem Annahmen getroffen werden können, inwiefern sich verschiedene Gegenstrategien aus der Anti-Terrorismuspolitik auf die Anzahl bzw. das Ausmaß der Terroraktivitäten auswirken.
Grundlegende Kenntnisse über den Terrorismus aus ökonomischer Sicht: 

Hierbei gehen sie von einem Gleichgewicht der Grenzkosten und des Grenznutzens aus. Grenzkosten und Grenznutzen bezeichnen den Anstieg einer Aktivität bei der Durchführung einer zusätzlichen Einheit. In anderen Worten geben die Grenzkosten die Veränderung der Kosten bei Erhöhung der Terroraktivitäten um eine Einheit an. Die Terroraktivitäten werden im Fall des IS an der Anzahl der Ölanlagen gemessen, die er unter seine Kontrolle gebracht hat, da er da durch seinen Handlungsspielraum enorm vergrößert und somit große Teile der irakischen und syrischen Bevölkerung unter seine Kontrolle bringen kann. Die Grenzkostenkurve hat eine positive Steigung, da die Eroberung jeder weiteren Ölanlage pro teurer wird, weil dies mit größeren materiellen Ressourcen, größerer Informationsbeschaffung, sowie Opportunitätskosten für die benötigte Zeit der Vorbereitung verbunden sind.
Die Grenznutzen reflektieren die Fähigkeit einer Gesellschaft auf die Eroberung der Ölanlagen zu reagieren. In diesem Modell verläuft die Grenznutzenkurve fallend, was bedeutet, dass der marginale Effekt selbst bei dem Versuch sich weiter auszubreiten für die Terrorist_innen abnimmt, weil die Gesellschaft unverwundbarer gegenüber der Eroberung wird, da sie die Anlagen besser sichert bzw. bereits eroberte zurückerlangt. Somit schmälert sich der marginale Nutzen der Terrorist_innen.
Die Anzahl der Ölanlagen befindet sich (wie in Abbildung 3 zu sehen ist) auf der X-Achse und die Grenzkosten/Grenznutzen auf der Y-Achse.
Das Gleichgewicht aus Grenzkosten und Grenznutzen - der Schnittpunkt der beiden Kurven - sollte der tatsächlichen Anzahl der eroberten Ölanlagen, die in der Realität zu beobachten ist, entsprechen (Frey/Lüchinger 2002: 210f.).
                               Anzahl der Ölanlagen (T)

Abbildung 3: Modellannahme 

Für den IS bedeute das folglich: „Wenn das Ausmaß des Terrorismus an der ‚Anzahl der IS-Ölanlagen’ gemessen wird, steigen mit vermehrten Angriffen auf weitere Anlagen die Kosten der Aktivitäten des IS immer weiter.“ So ist davon auszugehen, dass der IS zunächst die am leichtesten zu erobernden Felder eingenommen hat. Weitere Eroberungen allerdings nur mit steigendem Aufwand ermöglicht werden können. Relativ gesehen zur Eroberung einer weiteren Einheit wird nun mehr Einsatz in Form von Waffenarsenal, Kämpfer_innen, Informationen und Ressourcen benötigt.
Darüber hinaus ist anzunehmen, dass im Vergleich zu anderen Terrororganisationen die Grenzkostenkurve des IS relativ steil verläuft. Die Steigung gibt das Maß an Elastizität an. Im Zusammenhang mit Terrorismus wird dies wie folgt interpretiert: „Verläuft die Grenzkostenkurve relativ flach, reagieren die Akteur_innen stark auf äußere Einflüsse und sind nur in gewissem Maße dazu bereit neue Kosten für die Realisierung ihrer Aktivitäten aufzunehmen. Denn die empirische Forschung hat gezeigt, dass Terrorist_innen nicht allein aus idealistischen Motiven getrieben werden, sondern auch ökonomische/materialistische Faktoren eine Rolle spielen (Vgl Sandler/Scott 1987: 37, die in ihrer empirischen Studie zum Ergebnis kamen, dass Terroist_innen systemisch auf Änderungen der Einschränkungen reagieren). Konkret bedeutet dies, dass Akteur_innen bei einer relativ kleinen Erhöhung der Grenzkosten durch äußere Einflüsse weniger bereit sind, weitere Terrorakte durchzuführen.

Abbildung 4: Elastizitäten

Nun zeigt eine steile Grenzkostenkurve an, dass der IS nur relativ schwach auf äußere Einflüsse reagiert. Die radikalen Ziele des IS mit der Ausrufung eines Kalifats und der Befreiung der Arabischen Welt vom Einfluss des Westens weisen eine starke intrinsische Motivation auf (Barret 2014: 18). Daher sind die Akteur_innen auch dazu bereit hohe Kosten aufzunehmen für eine nur relativ kleine Steigerung der Terroraktivitäten. Im nebenstehenden Diagramm wird beispielhaft die Grenzkostenkurve von Al-Quaida und dem IS verglichen, um die unterschiedlichen Steigungen der Gerade anzuzeigen und die Auswirkung auf die Terroraktivitäten. Für die wirksame Implementierung von Gegenstrategien bedeutet dies eine weitere große Herausforderung. Die Frage, die sich die Akteur_innen der internationalen Gemeinschaft stellen müssen, ist: „Wie können die Grenzkosten so stark erhöht werden, dass das reale Ausmaß an Terroraktivität sinkt?“ – oder: „..., dass der IS nicht mehr im Stande ist seine Ölanlagen zu halten?“
Die fallende Grenznutzenkurve ist abhängig von der Fähigkeit der Gesellschaft auf die Terroraktivitäten zu reagieren. Meist ist eine Gesellschaft unvorbereitet auf erste Terroranschläge angemessen zu reagieren, weshalb sie diese stark treffen und den Terrorist_innen zunächst einen hohen Grenznutzen verschaffen. Im weiteren Verlauf schaffen es Regierungen im Normalfall Maßnahme zu implementieren, um sich gegen die Anschläge zu schützen. Deshalb fällt im Laufe der Zeit die Grenznutzenkurve der Terrorist_innen. Im Fall des IS könnte man allerdings argumentieren, dass diese Kurve einen positiven Verlauf hat. Hierfür wäre zu untersuchen, ob die irakische und syrische Bevölkerung durch die Terroraktivitäten noch verwundbarer wird und so der marginale Nutzen der IS-Aktivitäten sogar steigend ist. Dabei ist ein dauerhaft steigender Verlauf sehr unrealistisch, da sowohl die irakische Regierung, wie auch die internationale Gemeinschaft bereits breite Gegenmaßnahmen angelegt haben, um den Grenznutzen zu verkleinern. Allerdings kann es zu kritischen Schwellen im fallenden Verlauf der Grenznutzenkurve kommen, sodass sie zeitweise wieder steigend ist. Beispielsweise wird sämtliche Infrastruktur zerstört oder die irakische Armee massiv geschwächt, sodass dies für den IS einen kurzweilig steigenden Grenznutzenverlauf bedeutet. Diese Untersuchung muss im vorliegenden Kontext allerdings zurück gestellt werden. Im Folgenden wird die Konzentration auf dem Verhalten der internationalen Gemeinschaft liegen und mögliche Gegenstrategien basierend auf Erwartungsvorstellungen anhand dieses Modells durchgespielt.
Das Modell geht davon aus, dass entweder die Grenzkosten erhöht oder der Grenznutzen der Terrorist_innen gesenkt werden muss, um das Ausmaß des Terrorismus zu verringern.
Zu den bedeutendsten bisherigen Maßnahmen gegen den IS zählen hauptsächlich die Luftanschläge der USA und ihrer Verbündeten. Wie würden sich also die Kurven in diesem Modell bei einer kriegerischen Intervention verschieben? Es ist davon auszugehen, dass durch die Luftanschläge der USA die Grenzkosten der IS-Kämpfer_innen erhöht wurden. Zum einen müssen sie ihr Waffenarsenal aufstocken, um „ihre“ Ölanlagen zu verteidigen. Zum anderen haben sie Verluste hinzunehmen, da die Gegenallianz wieder einige strategische Regionen zurückgewinnen konnte. Dennoch hat es den IS nicht maßgeblich zurückgedrängt und sie konnten ihr Gebiet weiterhin vergrößern. Mit der Eroberung der historischen Stadt Palmyra am 20. Mai 2015 kontrollieren sie mittlerweile die Hälfte des syrischen Staatsgebiets und ca. ein Drittel der irakischen Gebiete. Ökonomisch sind die Luftschläge dennoch strategisch sinnvoll, da die Grenzkosten der IS-Terrorist_innen gestiegen sind.

 Abbildung 5: Erhöhung Grenzkosten 

Betrachtet man die Veränderung des Grenznutzens in Zusammenhang mit den Luftschlägen, ist es möglich, zu unterschiedlichen Schlüssen zu kommen. Dazu müssen zunächst die Ziele des IS genauer definiert werden. Primäres Ziel des IS ist es, einen Islamischen Staat mit sunnitischer Vorherrschaft zu errichten. Dazu benötigt er die Einnahmen durch die Ölquellen. Der Nutzen einer weiteren eroberten Quelle sinkt allerdings, wenn der IS weiß, dass diese nach kürzester Zeit durch Luftangriffe zerstört wird. Der Bürgerkrieg in Syrien und die damit verbunden sehr schwachen Staatsstrukturen ermöglichen es dem IS sehr leicht neue Ölquellen zu erobern. Eine Koalition zwischen den USA und Baschar al-Assad, um gegen den IS zu kämpfen, würden den USA jegliche Glaubwürdigkeit entziehen und scheint deshalb nicht realistisch.
Der von den USA initiierte Irakkrieg 2003 hat die Strukturen im Irak stark geschwächt. Neben der neorealistischen Erklärung zur Entstehung des IS durch ein Machtvakuum, kann auch argumentiert werden, dass die Entstehungsgeschichte des IS auf die amerikanische Intervention im Irak und der darauffolgenden Unterstützung der schiitischen Regierung zurückgeht. Somit könnten weitere kriegerische Interventionen beide Ländern noch mehr schwächen, was für den IS wiederum von Vorteil wäre. Damit könnte die Steigerung des Grenznutzens der IS-Terrorist_innen größer sein als die Erhöhung der Grenzkosten. Demnach hätte eine kriegerische Intervention negative Auswirkungen auf die Bekämpfung des IS-Terrorismus.
Eine andere Möglichkeit wäre zunächst im Irak mit anderen politischen Instrumenten vorzugehen. Bisher wird der IS von Großteilen der sunnitischen Bevölkerung unterstützt, da diese jahrelang von der schiitischen Regierung unterdrückt wurden und unter prekären Lebensbedingungen leben mussten. Bei einer gleichberechtigten Eingliederung der sunnitischen Bevölkerung in die politischen Entscheidungsprozesse, um somit die Unterstützung für den IS zu schwächen, könnte der Nutzen des IS verringert werden. Neben der Eingliederung in die politischen Prozesse ist eine ganzheitliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wichtig, sowie die Sicherung fundamentaler Rechte und Mindestlebensstandards. Gerade durch die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln konnte sich der IS besondere Sympathien unter der sunnitischen Bevölkerung sichern (Arte 2015). 

Derzeit verkauft der IS schätzungsweise 20.000 Barrel Öl pro Tag, da die Fördermenge seit den Luftanschlägen zurückgegangen ist. Davor förderte er ca. 80.000 Barrel pro Tag. Das Öl wird zu Tiefpreisen verkauft – an Kurd_innen, Schiit_innen, Christ_innen; in anderen Worten an alle Teile der Bevölkerung. Über verschiedene Mittler_innen gelangt das Öl nach Jordanien, in den Iran und in die Türkei. Bisher unternehmen die Regierungen wenig gegen diese Schattenwirtschaft (Arte 2015). Gelänge es ihnen, die Wege des IS-Öls genau zurück zu verfolgen und somit den Handel mit IS-Öl zu stoppen, würde das den Grenznutzen des IS weiterhin stark senken.


Abbildung 6: Senkung des Grenznutzens



Nebenstehende Grafik verdeutlicht, wie sich eine Senkung des Grenznutzens auf die Terroraktivitäten und somit auf die Anzahl der Ölquellen im Besitz des IS auswirkt. Die Anzahl der Ölquellen wird sich somit verringern, wenn der Grenznutzen des IS gesenkt werden kann. 

Die vorgestellte ökonomische Analyse zeigt somit auf, dass neben den Luftanschlägen weitere Maßnahmen genutzt werden können, um gegen den IS vorzugehen und welche Wirkung diese haben könnten. Neben den Luftschlägen müssen weitreichende politische Maßnahmen die Eindämmung der IS-Aktivitäten begleiten. Die oben aufgeführten Möglichkeiten bieten einen Ausblick, was möglich wäre, um im Modell eine Senkung des Grenznutzens und eine Erhöhung der Grenzkosten zu antizipieren. Ein Politik-Mix aus militärischen, ökonomischen und politischen Mitteln ist somit unumgänglich.
Abbildung 7: Erhöhung Grenzkosten, Senkung Grenznutzen





Quellen:

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