Montag, 15. Juni 2015

Der Grexit - Ausweg oder Irrweg?


Kaum ein Thema prägt die Medienwelt Europas in diesem Jahr so sehr wie die Frage nach der Zukunft Griechenlands. In diesem Kontext wird auch das Für- und Wider eines Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro, der sog. Grexit, immer wieder diskutiert. Da die griechische Regierung in den nächsten Wochen und Monaten Schulden in Milliardenhöhe begleichen muss und Unsicherheit darüber besteht, ob die gegenwärtige Situation dies überhaupt zulässt, ist davon auszugehen, dass der Problematik des Grexit in den folgenden Wochen sogar eine noch größere mediale Aufmerksamkeit zukommen wird. 
Die Frage, ob der Grexit für Griechenland einen Ausweg oder Irrweg darstellt verdient demnach eine vertiefte Beschäftigung, die in diesem Beitrag unternommen werden soll.

Zuerst wird der Grexit in den größeren Kontext der politikwissenschaftlichen Integrationstheorien zur europäischen Einigung gestellt und theoretisch zu erklären versucht. Aufbauend auf der Feststellung, dass ein Ausscheiden Griechenlandes aus dem Euro anhand einer post-funktionalistischen Logik theoretisch erklärt werden kann, wird sodann seine  rechtliche Zulässigkeit analysiert und bewertet. Einen Blick auf die Konsequenzen eines Grexit auf Basis einer Untersuchung der Bedeutung und Entwicklung der Wechselkurse rundet den vorliegenden Beitrag ab. 

Mo | Jan | Niko

I. Theorien zur Krise und Krise der Theorien

Die Aktualität der Eurokrise beschränkt sich nicht nur auf die Titelseiten der Zeitungen und die Thematisierung an den Stammtischen. Die Frage, wie sich die Euro-Krise und ein möglicher Grexit erklären lassen, führt in die politikwissenschaftliche Kontroverse darüber, welcher Logik europäische Integration bisher folgt, und welcher sie in Zukunft folgen wird. Dieser Abschnitt legt holzschnittartig die Debatte in den Europäischen Integrationstheorien im Bezug auf die Eurokrise dar und zeigt, dass ein (hypotetischer) Grexit hier einen Wendepunkt darstellen würde. Die drei theoretischen Referenzpunkte bilden dabei der liberale Intergouvernementalismus nach Moravcsik (1999), der Neofunktionalismus (vgl Haas 1968, mit ähnlichen Annahmen auch der neuere Supranationalismus nach Stone Sweet & Sandelholz 1997) und der Postfunktionalismus (Hooghe und Marks 2008). (vgl ausführlicher zu Theorien und Empirie in der Krise: Schimmelfennig 2012, Ioannou et alia 2015) Der Euro als Integrationsprojekt ist ein Paradebeispiel dafür, dass Integrationstheorien komplementäre Werkzeuge sind, um Erklärungen für Integration zu konstruieren, wobei an diese Konstruktion je nach Stadium unterschiedliche Anforderungen an das Instrumentarium gestellt werden (Jupille, et alia 2003, Diez und Werner 2009).

 Der Euro bis zur Krise

Das erste Stadium der Eurokrise ist die Geburtsstunde des Euro als Integrationsprojekt. Aus verschiedenen Erklärungsgerüsten scheint dafür der liberale Intergouvernementalismus (Moravcsik 1993, 1998) am robustesten. Da hier die Regierungen der Mitgliedsstaaten mit innerstaatlich bedingten, ökonomischen Präferenzen die Hauptrolle spielen, kommt es immer dann zu Integration, wenn durch Interdependenz, also wechselseitige Abhängigkeit (Keohane/Nye 1977: 8) bedingte Effizientzpotentiale zur Wohlstandssteigerung zu einer gemeinsamen Präferenz für Integration führt. Wenn diese primäre Präferenz für weitere Integration besteht, haben die Regierungen bei der Ausgestaltung des Integrationsschritts die Regierungen meist unterschiedliche Sekundärpräferenz, wobei die Verhandlungsmacht der Akteure das Design der Integration bestimmt. Bei der Gründung des Euros gab es eine gemeinsame Primärpräferenz zwischen Deutschland und Frankreich für eine Währungsunion, um Effizienzgewinne durch gesteigerten Handel und den Wegfall des Risikos von Wechselkursrisiken und -krisen zu realisieren. Sekundär konnte sich Deutschland wegen seiner Verhandlungsmacht gegen Frankreich mit dem Design und dem Sitz der EZB nach deutscher Vorstellung durchsetzen, da es durch die wichtige Stellung der Bundesbank in der EMU mehr vom Status Quo profitiert hatte und glaubwürdiger auf innerstaatliche Widerstände bei der Umsetzung von Integrationsergebnissen verweisen konnte (Schimmelfennig 2013: 301ff). Auch in der Eurokrise gelten einige Regeln des liberale Intergouvernementalismus noch (Schimmelfennig 2015). Lange Verhandlungsnächten über Rettungen und Reformen rücken Regierungen als zentrale Akteure in den Fokus, und die in der Krise unternommenen Integrationsschritte folgten der gemeinsamen Primärpräferenz, den Euro nicht scheitern zu lassen, obwohl sich die Sekundärpräferenz – wie soll die Rettung vonstatten gehen – entlang von Geberund Nehmerländern höchst kontrovers unterscheiden. Daraus resultiert auf der intergouvernementalen Ebene ein „Feiglingsspiel“ (ebd.: 178), in dem die Akteure wie Autofahrer aufeinander zurasen und vortäuschen, einen Crash – einen Grexit – in Kauf zu nehmen, um ihre Verhandlungsmacht zu erhöhen, im letzten Moment aber einlenken. Die Akteure, die näher am Status Quo stehen – die solventen Nordstaaten – können doch meist ihre Integrationsvorstellung durchsetzen. Der liberale Intergouvernementalismus ist aber nicht geeignet, die Dynamik zwischen Gründung und Rettung des Euros zu erklären (Schimmelfennig 2012: 403): Bei der Euro – Gründung wurde eine gemeinsame Schuldenhaftung und Fiskalpolitik explizit ausgeschlossen, mit dem EFSF und dem ESM aber danach aber genau so beschlossen. Hier kommt der Neofunktionalismus ins Spiel : Das institutionelle Design der Integration stößt, einmal ins Leben gerufen, einen dynamischen Prozess an: Durch supranationale Akteure verfolgen dabei eine eigene Agenda, und die Integration in einem Politkfeld wirkt sich auf ein anderes Politikfeld aus (sog. Externalitäten), beispielsweise erzeugt eine Integration des Gütermarktes externe Effekte im Bereich des Dienstleistungssektor. So entstehen endogen neue, Präferenzen für weitere Integration, deren Kernmerkmal ihre Pfadabhängigkeit ist – sie sind also bedingt durch früher getroffene Entscheidungen. Diese eigendynamische Entwicklung von Integration, die immer neue Integration erzeugt, ist das Fundament neofunktionalistischer Erklärungsansätze. Auch wenn am Anfang von Integration ein intergouvernementaler Verhandlungsprozess steht (Pierson 1998: 29), berücksichtigen Regierungen, bestehenden aus einer proeuropäisch sozialisierten politischen Elite, drei Dinge nicht in den Verhandlungen: 
1. Sind sie nur auf kurze Zeit gewählt, weshalb ihre Präferenzen langfristig variieren. 
2. Externalitäten induzieren durch weitere Integrationdurch a) selbstständig agierende, neu geschaffenen Institutionen (institutioneller Spillover), b) die Verflechtung des integrierten Politikfeldes mit anderen Politikfeldern (politischer Spillover) und c) die neu geschaffene Entscheidungsebene, an die sich politische Forderungen richten können (politischer Spillover). 
3. Neue supranationale Akteure verfolgen eine eigene Agenda und interpretieren ihr Mandat weit. Dies führt dazu, dass sich die Regierungspräferenzen pfadabhängig durch bisherige Integration entlang von politischen, institutionellen und funktionalen Spillovern (Haas 1968: 283-317, Schmitter 1969) ändern. Dass Integration dadurch hauptsächlich von der politischen Elite der Mitgliedstaaten und supranationalen Technokraten betrieben wird, konnte sehr gut bei der Schaffung des ESM beobachtet werden: Obwohl die Regierungspräferenzen ursprünglich gegen eine gemeinsame Schuldenhaftung waren, änderten sich diese pfadabhängig ohne öffentliche Beteiligung, gesteuert v.a. durch rational-ökonomische Überlegungen zu den wirschaftlichen Konsequenzen eines Staatsbankrottes und eines Ausscheidens eines Landes aus der Eurozone (vgl. dazu den wirtschaftlichen Teil dieses Beitrags). Ebenso war die Schaffung supranationaler Haushaltsaufsicht durch die Kommission ein funktionaler Spillover, getrieben durch die negativen Externalitäten unkontrollierter nationaler Haushaltsführung auf den Bereich der bereits integrierten Währungspolitik. Schließlich bietet der Neofunktionalismus Raum, um die unabhängige Rolle der supranationalen EZB sowie den Einfluss treibender transnationaler Akteure, wie z.B die Banken und Anleger an den Finanzmärkten zu erklären. Die EZB als supranationaler Akteur hat in der Krise auf den Druck der Märkte hin ihr Mandat deutlich weiter interpretiert, als bei ihrer Schaffung und den Verhandlungen zu ihrer Gründung geplant war. Dass transnationale Akteure ihre Erwartungen direkt an die Supranationale Eben richten, ist dabei der klassische politische Spillover, und die eigene Handlungsagenda der EZB eine Form des institutionellen Spillovers. Die dynamische Logik des Neofunktionalismus überwölbt in der Eurokrise intergouvernementale Verhandlungsprozesse und war bis 2015 ein erstaunlich stabiles Erklärungskonstrukt für die Eurokrise (Schimmelfennig 2014).

Wendepunkt Grexit? Politisierung nach der Griechenlandwahl

Gemeinsamer Ausgangspunkt und Schwachpunkt von Intergouvernementalismus und Neofunktionalismus ist die Annahme, dass europäische Integration von ökonomisch-rationalen handelnden Eliten und Interessengruppen betrieben wird (Hooghe und Marks 2008: 3ff). Außerdem sind sie darauf ausgelegt, Integrationsfortschritte zu erklären, ein Grexit wäre aber eine Integrationsrückschritt. Die neofunktionalistische Integrationsspirale aus pfadabhängigen Interessen und spillover dreht sich aber nur aufwärts – ein „Spillback“ ist nicht vorgesehen. Im liberalen Intergouvernementalismus ist wäre ein Rückschritt zwar als Verhandlungsergebnis denkbar, aber kein Erklärungsmuster für einen Grexit, da bisher keine innerstaatlichen ökonomischen Präferenzen oder makroökonomische Regierungspräferenzen für einen Ausscheiden Griechenlandes aus der Eurozone gibt, im Gegenteil sogar dagegen sprechen (Schimmelfennig 2012: 402ff). Als alternative zu diesen rationalistischen Ansätzen bietet sich daher der Postfunktionalismus an. Im Zentrum der Theorie steht die Politisierung der europäischen Integration, sodass aus dem „permissive consent“ der Bevölkerung für weitere Integration ein „constraining dissent“ gegen weitere Integrationsvorhaben (Hooghe and Marks 2008) wird, was weitere Integration behindert oder bisherige umkehrbar macht. Nach De Wilde (2011: 567ff) besteht diese Politisierung aus drei Schritten: 
1. Zu einem Thema bestehen kontroverse Meinungen, 
2.diese werden kontrovers debattiert und 
3. an diesem Prozess ist die breite Bevölkerung beteiligt. Der letzte Schritt verlangt, dass die Arena (Hooghe/Marks 2008: 8) in der Integrationsthemen diskutiert und entschieden werden, die breite Öffentlichkeit mit einbezieht. Als Ergebnis der Politisierung werden Entscheidungen über europäische Integration nicht mehr in der proeuropäischen „Interessengruppen-Arena“ getroffen, sondern von der typischerweise europaskeptischen „Masse“. Während den Diskurs zwischen Eliten und Interessengruppen eine rationale Verteilungslogik lenkt, konkurrieren in einer öffentlichen, politisierten und polemisierten Debatte Überzeugungen, Identitätsfragen und konstruktivistische Argumente mit rationalistischen Argumente. Die „Arena“ bestimmt also die Handlungslogik der Entscheidungsfindung über europäische Themen. In der Krise hat der Euro alle drei Schritte der Politisierung durchlaufen: 
1. Zur Euro-Rettung gibt es zwei gegenläufige, kontroverse Positionen, wie die Rettung ablaufen soll. 2. Zwischen diesen Positionen findet national und transnational eine intensive Debatte in Zeitungen und Parteien statt. 
3. Die Debatte findet starke Resonanz in der Bevölkerung und verschärft sich – eine neue Entwicklung. Die Implikationen für Griechenland lassen sich in einem angepassten Schaubild von Hooge und Marks verdeutlichen, das den Zusammenhang zwischen der Politisierung und dem Erdrutschsieg der Syriza – Partei über die bisherigen etablierten politischen Parteien herstellt.

a) Die Euro-Rettung betrifft, anders als bisherige Integrationsthemen, den Alltag der einzelnen Bürger direkt und führt zur Politisierung. 
b)Die Politisierung ist so stark, dass die Pole der Debatte (beispielsweise Pro vs Contra Reformen und Sparpolitik) wahlentscheidend sind, So werden sie zu den Pole des Parteiensystem, da Parteistrategen Vorteile darin sehen, Wählerpotential in der 
c) Massenarena zu gewinnen, wofür sie d) andere Argumente als nur ökonomisch-rationale anführen. In Griechenland hat sich diese Prognose seit der Wahl Anfang 2015 bewahrheitet: Zum ersten mal kam es seit Ausbruch der Krise in einem Euroland zu einem Regierungswechsel von den alten etablierten Parteien hin zu Protestparteien. Diese neue Regierung ist nicht wie die bisherigen Regierungen im europäischen Elitensystem sozialisiert worden, hat sich in der „Massenarena“ durchgesetzt und argumentiert auch jetzt auf europäischer Ebene mit Argumenten, die die Würde des Griechischen Volkes, die Fremdherrschaft durch die Troika oder deutsche Schuld betreffen. Die rationalistisch-ökonomische Handlungslogik wurde durch die Politisierung durch eine Identitätslogik erweitert oder sogar ersetzt. Die Politisierung in Griechenland und die Wahl 2015 hat also zwei Fakten geschaffen: 1. Abbildung: nach Hooghe und Marks 2008 Fig.2. b) d) c) 1) eine neue, (noch) nicht europäisch sozialisierte politische Elite, 2) eine neuen, identitätsbezogene Handlungslogik Daraus lassen sich zwei theoretische Wege Pfade für einen Grexit bauen: „Graccident“: In Verhandlungen, die bisher immer der Logik eines „Chicken Games“ folgten, gelingt es nicht, die neue Regierung mit den alten mitgliedstaatlichen Eliten und supranationalen Technokraten zu sozialisieren. Eine negative Sozialisation tritt ein, und das „Chicken Game“ funktioniert nicht mehr, da sich die Akteure nicht mehr darauf verlassen können, dass sich der andere rational, also nach gleichen Erwägungen der identischen Primärpräferenz verhält. Dann kommt es entweder zum Unfall zwischen den beiden Fahrern – dem „Graccident“ - oder zur Aufgabe der gleichen Primärpräferenz durch die Radikalisierung der gegenläufigen Sekundärpräferenz. „proud but poor by choice“: Griechenland könnte sich in einer Volksabstimmung gegen einen Euroverbleib bei feststehenden Konditionen aussprechen. Dass Volksabstimmungen ein Integrationshemmnis sind, konnte bereits bei den Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden (beide 2005) sowie bei dem ersten Referendum zum Vertrag von Lissabon (2008) beobachtet werden. Jetzt, 2015, könnte in einem Referendum, das entweder die Fortsetzung der Sparpolitik oder einen Euroaustritt vorsieht, die Logik der Politisierung voll zum tragen kommen. So wäre es denkbar, dass sich eine Mehrheit der Griechen gegen die „Troika-Fremdherrschaft“ mobilisieren lässt und die Idee der Souveränität wichtiger ist als weitere Einkommenseinbußen. Aktuelle Umfragen (Ekathimerini 2015) weisen aber darauf hin, dass selbst bei in einem Referendum Griechenland im Euro bliebe. Würde in Referenden allerdings der Wunsch geäußert, im Euro zu bleiben, gleichzeitig aber die politischen Bedingungen hierzu abgelehnt, hätte die Politisierung der Euro-Krise ein zweideutiges Ergebnis hervorgerufen, und die Lösung dieses in sich konfligierenden Volkswillen wäre vermutlich wieder den Verhandlungen überlassen. Welchen Weg Griechenland geht, lässt sich nicht vorhersehen, ist aber für den Diskurs über die Integrationstheorien von großer Bedeutung: Bleibt Griechenland im Euro, hat sich die neofunktionalistische Logik von Spillovern und pfadabhängiger, dynamischer Integration, betrieben durch proeuropäische Eliten und Technokraten bewährt. Scheidet Griechenland aus dem Euro aus, erweist sich die Politisierung als „game changer“ der Integration, und künftige Forscher und Politiker müssten sich mehr mit identitätsbezogenen Argumenten auseinandersetzen. 

II. Die rechtliche Zulässigkeit eines griechischen Ausscheidens aus dem Euro-Raum

Die Frage nach der Zulässigkeit eines Ausscheidens Griechenlands aus der Währungsunion ist eine rechtliche Frage. Die Bedeutung ihrer Beantwortung liegt auf der Hand, geht es doch um die Zukunft der Eurozone und damit in nicht unerheblichem Maße auch die Zukunft der  Europäischen Union.
In erster Linie kann die Frage der rechtlichen Zulässigkeit auf Basis des geltenden Unionsrechtes beantwortet werden, wenngleich der Rückgriff auf die allgemeinen Regeln des Völkervertragsrechtes an einigen Stellen sinnvoll erscheint. Die vorliegende Ausarbeitung versucht nach einer kurzen Einordnung der Frage eines Ausscheidens aus dem Euro-Raum in den Kontext der Vertragsbestimmungen des Vertrages über die Europäische Union (EUV) und des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (I.) und einiger terminologischer Präzisierungen (II.), die verschiedenen Arten eines Ausscheidens aus dem Euro-Raum rechtlich zu bewerten, indem untersucht wird, ob und wenn ja wie, sich diese Arten eines Ausscheidens rechtlich konstruieren lassen (III.). Ein skizzenhafter Ausblick auf mögliche (rechtliche) Konsequenzen einer Durchführung der jeweiligen Arten des Ausscheidens rundet die Ausarbeitung ab (IV.).

I. Die rechtlichen Grundlagen der Euro-Einführung und das Dilemma ihrer „Unumkehrbarkeit“ 

a) Die Entstehung der Währungsunion
Die europäischen Währungsunion wurde schrittweise eingeführt: Basierend auf dem Delors-Bericht des Jahres 1989, der auf dem Treffen des Europäischen Rates in Madrid beschlossen wurde, trat am 01. Juli 1990 die erste Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) in Kraft. Der Vertrag von Maastricht sah dann zwei weitere Stufen der Verwirklichung der Währungsunion vor: in einem ersten Schritt wurde zum 01. Januar 1994 die Geldpolitik der Mitgliedsstaaten enger koordiniert und eine europäische Zentralbank (EZB) eingerichtet, bevor die 11 Mitgliedsstaaten, die die Voraussetzungen für die Einführung einer gemeinsamen Währung erfüllt hatten, zum 01. Januar 1999 in die dritte und finale Stufe der WWU eintraten. Die Erfüllung der Voraussetzungen des heutigen Art. 140 Abs. I AEUV i.V.m. dem Protokoll über die Konvergenzkriterien (dem Protokoll Nr. 14 zum AEUV) wurde dabei vom Rat in der Verordnung (EG) 974/98 festgestellt, konkret handelt es sich um (1) anhaltende Preisstabilität, (2) kein übermäßiges Haushaltsdefizit, (3) Währungsstabilität bei der Teilnahme am vorher geltenden Europäischen Währungssystem EWS und (4) Konvergenz der Zinssätze. Auf diesem zentralen Sekundärrechtsakt aufbauend legten weitere Sekundärrechtsakte die Details der Einführung des Euro in den teilnehmenden Mitgliedsstaaten fest, so z.B. die VO (EG) 2866/98 die Umrechnungskurse zwischen der neuen Gemeinschaftswährung und den zu beendenden nationalen Währungen.
Alle Mitgliedsstaaten, die den Euro nicht einführten, wurden zu „Mitgliedsstaaten mit Ausnahmeregelung“ i.S.v. Art. 139 AEUV.
Fastenrath / Groh, Rn. 289 – 294.; Haratsch /Koenig /Pechstein, Rn. 1265-1267.
b) Die Euro-Einführung in Griechenland
Die Entscheidung 98/317 EG stufte Griechenland als Mitgliedsstaat mit Ausnahmeregelung i.S.v. Art. 139 AEUV ein. Da Griechenland die Konvergenzkriterien nicht erfüllte gehörte es nicht zu den 11 Mitgliedsstaaten, die schon 1999 in die 3. Stufe der WWU eintreten und den Euro einführen durften.
Erst mit der Entscheidung 2000/427 EG wurde die Erfüllung der Konvergenzkriterien durch Griechenland festgestellt und in der Folge die Euro-Einführung Griechenlands beschlossen. Umgesetzt wurde diese in Form der VO (EG) 2596/2000, die die Euro-Einführungs-Verordnung VO (EG) 974/98 änderte. In der weiteren Folge war auch eine Änderung weiterer Sekundärrechtsakte notwendig, so zum Beispiel der VO (EG) 2866/98 über die Umrechnungskurse (geändert durch VO (EG) 1478/2000).
c)     Die heute geltenden Vertragsbestimmungen zur Währungsunion
Gemäß Art. 3 I lit. c AEUV ist die Union ausschließlich zuständig für die Währungspolitik derjenigen Mitgliedsstaaten, die den Euro eingeführt haben. Näheres zur konkreten Ausgestaltung der Währungsunion findet sich in den Kapiteln 2-5 des dritten Teils des Titels VIII AEUV, die unter anderem die Struktur, Aufgaben und Befugnisse der Europäischen Zentralbank (EZB) und besondere Bestimmungen für die Euro-Mitgliedsstaaten enthalten. Als vorrangiges Ziel der Währungspolitik bestimmt Art. 127 I AEUV die Gewährleistung der Preisstabilität.
Ein Mitgliedsstaat, der den Euro einführen möchte, muss die Konvergenzkriterien des Art. 140 I erfüllen. Die Erfüllung wird vom Rat auf Basis von Berichten der Kommission und der Europäischen Zentralbank nach Anhörung des Europäischen Parlamentes beschlossen (Art. 140 I f. AEUV); im Verfahren des Art. 140 III AEUV werden die weiteren erforderlichen Maßnahmen zur Einführung des Euro ergriffen.
Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn.1268-1270.
d)      Das Dilemma der „Unumkehrbarkeit“ der Euro-Einführung
Das 10. Protokoll über den Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zum Vertrag über die Europäische Union i.d.F. von Maastricht spricht von der „Unumkehrbarkeit“ der Euro-Einführung. Obwohl in diesen Tagen viel über ein Ausscheiden aus dem Euro-Raum diskutiert wird, sprechen zumindest drei Aspekte für die fortwährende Bedeutsamkeit dieser Wortwahl:
Erstens sieht die Regelungstechnik der Verträge in der Tat einzig vor, dass alle Mitgliedsstaaten im Laufe der Zeit den Euro einführen (wobei nach den Protokollen 15 und 16 zum Vertrag über die Europäische Union i.d.F. von Lissabon Ausnahmeregelungen für das Vereinigte Königreich und Dänemark gelten). Zweitens erteilen die Verträge auch den Organen der Union einzig und allein Befugnisse zur Einführung des Euro, Rechtssetzungskompetenzen für die Beendigung der Euro-Mitgliedschaft eines Mitgliedstaates der EU finden sich nicht. Drittens liegt nach überwiegender Auffassung in der Literatur in der Einbahnstraßenregelung der Verträge auch keine Regelungslücke vor: das Fehlen eines vertraglichen Ausscheiderechtes aus dem Euro spiegelt demnach den Willen der Gründungsväter wider (hierzu u.a. Seidel 2010: 26), eine „dauerhafte Rechtsgemeinschaft“ (Herdegen 1998: 1) der Mitgliedsstaaten mit Euro zu gründen.
e)     Folgen der vertraglichen Regelung
Kann aus dem Fehlen eines ausdrücklichen, vertraglich verankerten Rechtes der Euro-Mitgliedsstaaten, aus dem Euro-Raum auszuscheiden, der sog. „Irreversibilitäts-Prämisse“ (Meyer 2013: 334) der Verträge, automatisch geschlossen werden, dass ein solches Ausscheiden in jedem Fall rechtlich unzulässig ist?
Die Antwort lautet: Nein.     
An verschiedenen Stellen des Vertrages finden sich Anknüpfungspunkte für die rechtliche Konstruktion eines Ausscheidens eines Mitgliedsstaates aus dem Euro-Raum. Zudem sind, zumindest unter besonderen Umständen (siehe unter III. 3), auch einige Regeln des allgemeinen Völkervertragsrechtes anwendbar, die ggf. eine Loslösung von den Vertragsbestimmungen ermöglichen. Bevor dies geprüft wird, ist die Fragestellung noch näher zu präzisieren.
Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 1291.; Meyer, 334 ff.

II. Terminologische Präzisierungen

Diese Ausarbeitung untersucht die rechtliche Zulässigkeit eines Ausscheidens aus dem Euro-Raum.  Gemeint ist damit eine Beendigung der Mitgliedschaft im Euro. Dies ist auf dreierlei Arten vorstellbar:
In Betracht kommt zuerst ein einvernehmlicher Austritt Griechenlands, d.h. ein Austritt unter Zustimmung bzw. zumindest Tolerierung aller anderen Mitgliedsstaaten.
Davon zu unterscheiden ist ein einseitiger Austritt Griechenlands ohne Zustimmung der anderen (Euro-)Mitgliedsstaaten, der, wie unten näher ausgeführt wird (III.2) einen Vertragsbruch darstellt. Schließlich ist noch an einen Ausschluss Griechenlandes aus dem Euro-Raum durch die anderen Mitgliedsstaaten zu denken.
Der folgende Teil analysiert und bewertet diese drei Konstruktionsmöglichkeiten jeweils getrennt und leitet aus diesen Bewertungen eine allgemeine Beurteilung der Zulässigkeit des Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro ab.
Zu trennen ist die hier untersuchte Beendigung der Euro-Mitgliedschaft von einem Ausscheiden aus der Währungsunion (siehe u.a. Behrens 2010: 121):
Im Ergebnis führt ein Ausscheiden aus dem Euro-Raum zu einer Rückstufung des betreffenden Landes zum „Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung“ i.S.v. Art. 139 AEUV, während ein Ausscheiden aus der Währungsunion die Anwendung sämtlicher Bestimmungen der Verträge über die Währungsunion ausschließen würde.
Auch diejenigen Mitgliedsstaaten der EU, die den Euro nicht eingeführt haben, sind nämlich als Mitgliedsstaaten der EU Mitglieder der Währungsunion, wenngleich ihre (Mitsprache-) Rechte und Pflichten des Art. 139 und der Art. 142 – 144 AEUV im Vergleich zu denen der Euro-Mitgliedsstaaten deutlich eingeschränkt sind.

III. Die rechtliche Konstruktion eines Ausscheidens aus dem Euro

Dieser Teil beinhaltet die oben skizzierte Prüfung der rechtlichen Konstruktion eines Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro-Raum. Dafür werden verschiedene Optionen analysiert und rechtlich bewertet. Zu beachten ist, dass die hier näher untersuchten Optionen nicht die einzigen diskutierten Optionen darstellen und die hier vorgenommene Betrachtung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Zudem ist es aus Platzgründen nicht möglich, jede Option im Rahmen einer juristischen Fallprüfung zu analysieren; es wird stattdessen versucht, auf die strittigen Punkte ausführlicher einzugehen. 
1.      Einvernehmlicher Austritt
a)      Option 1: Änderung der Euro-Einführungs-VO (VO (EG) 974/98)
Grundsätzlich können Sekundärrechtsakte geändert werden; dies gilt auch für die konsolidierte Fassung der Euro-Einführungs-VO, die den Euro-Beitritt Griechenlands vorsieht. Als Rechtsgrundlage der Änderung könnte Art. 140 III AEUV dienen; Voraussetzung wäre jedoch nach Art. 140 III AEUV Einstimmigkeit im Rat, was diese Option nur im Rahmen eines einvernehmlichen Austritts umsetzbar macht (aus diesem Grund kommt diese Lösung also nicht in Betracht, um Griechenland aus dem Euro-Raum auszuschließen).
Problematisch erscheint allerdings die Primärrechtskonformität der zu erlassenden Verordnung, über die im Zweifel der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden müsste. Ein solches Verfahren könnte die Wirkung der Änderung der VO zudem nur nachträglich verhindern und somit einen Austritt Griechenlandes rückwirkend aufheben (zugegebenermaßen eine reichlich paradoxe Situation), der sofortigen Wirkung der VO stünde es nicht entgegen. Gerade in Anbetracht der betont integrationsfreundlichen Rechtsprechung der letzten Jahre wäre eine Feststellung der Primärrechtskonformität außerdem  alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
In Ergänzung zur Änderung der Euro-Einführungs-VO ist folglich also eine Vertragsänderung notwendig. Diese ist nach dem Verfahren des Art. 48 EUV durchzuführen, im Falle einer Änderung der Art. 139 f. AEUV auf dem Wege des vereinfachten Vertragsänderungsverfahrens nach Art. 48  VI EUV. Das vereinfachte Vertragsänderungsverfahren setzt einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates nach Anhörung von Kommission, Europäischem Parlament (EP) und EZB voraus, der jedoch erst nach Zustimmung aller Mitgliedsstaaten, d.h. nicht nur der Euro-Mitgliedstaaten, nach ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Bestimmungen in Kraft tritt. Auch dieses Verfahren benötigt viel Zeit; zudem ist ein positiver Ausgang aufgrund der z.T. komplexen innerstaatlichen Zustimmungsverfahren  auch hier keine Selbstverständlichkeit.
Schließlich stellt sich die (zugegebenermaßen nicht rechtliche) Frage nach den Auswirkungen einer Vertragsänderung, die ein Austrittsrecht vorsähe, für die Stabilität der Eurozone, sodass an der grundsätzlichen Eignung dieser Änderung berechtigte Zweifel bestehen.
Bonke, 520 f.; Meyer, 338.; Pechstein, in: Streinz, Art. 48 EUV, Rn. 18-21. 
b)      Exkurs: Vertragsänderung und Ausscheiden aus dem Euro
In den Medien wird immer wieder die Auffassung vertreten, ein Ausscheiden aus dem Euro-Raum sei dadurch zu bewerkstelligen, dass eine formelle Vertragsänderung durchgeführt wird (dies bemängelt auch Herrmann 2015). Die unter a) dargelegte Argumentation sollte jedoch gezeigt haben, dass eine „reine“ Vertragsänderung nicht in jedem Fall ausreicht, ein Ausscheiden aus dem Euro-Raum rechtlich zu legitimieren: Sofern bestehendes Sekundärrecht nicht geändert wird und auch nach einer Vertragsänderung primärrechtskonform wäre (was anzunehmen ist), bliebe der Euro in Griechenland bestehen; ein Ausscheiden Griechenlands wäre in diesem Sinne nur auf Basis eines Sekundärrechtsaktes, der wiederum auf Grundlage der geänderten Vertragsbestimmungen der Art. 139 f. AEUV erlassen würde, möglich. Anders sähe die Situation nur dann aus, wenn der geänderte Vertragstext einen (einseitigen) Austritt ohne Sekundärrechtsakt vorsähe (was unwahrscheinlich ist) oder der geänderte Vertragstext selbst ein Ausscheiden Griechenlands vorsähe (auch das ist unwahrscheinlich; in diesem Fall würde die Vertragsänderung gleichzeitig die entsprechenden Teile der VO aufheben).
c)     Option 2: Flexibilitätsklausel des Art. 352 AEUV
Zentrale Idee des Art. 352 AEUV ist es, Ziele der Union auch dann verwirklichen zu können, wenn die Verträge keine explizite Befugnis dafür vorsehen. Unterstrichen wurde diese Sichtweise auch vom EuGH im Gutachten 2/94 (zum EMRK-Beitritt): Art. 352 AEUV solle „einen Ausgleich in Fällen schaffen, in denen den Gemeinschaftsorganen durch spezifische Bestimmungen des Vertrages ausdrücklich oder implizit verliehene Befugnisse fehlen und gleichwohl Befugnisse erforderlich erscheinen, damit die Gemeinschaft ihre Aufgaben im Hinblick auf die Erreichung eines der vom Vertrag festgelegten Ziele wahrnehmen kann.“ Theoretisch wäre auf Basis der Flexibilitätsklausel also der Erlass „geeigneter Vorschriften“ möglich, die es Griechenland ermöglichen würden, eine eigene Währung einzuführen, sofern dies notwendig ist, um ein Vertragsziel zu verwirklichen. In Betracht kommt hier v.a. das in Art. 127 I AEUV normierte Ziel der Preisstabilität. Es liegt außerhalb der Reichweite dieser Ausarbeitung zu bestimmen, ob die Einführung einer eigenen Währung in Griechenland notwendig ist, um die Preisstabilität der Eurozone zu garantieren, doch auch ohne eine solche Betrachtung zeigen sich mehrere Probleme, die eine Anwendung des Art. 352 AEUV erschweren: Zum einen sind die Zustimmungshürden der Flexibilitätsklausel sehr hoch; so ist nicht nur Einstimmigkeit im Rat und die Zustimmung des EP erforderlich, sondern nach § 8 IntVG auch die (vorherige!) Zustimmung des Deutschen Bundestages. Zu diesen eher praktischen Problemen tritt der „Wesentlichkeitsvorbehalt“ (Winkler, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 352 AEUV, Rn. 63) des Art. 352 AEUV erschwerend hinzu: Wesentliche Änderungen des Vertragsgefüges auf Basis von Art. 352 AEUV sind untersagt; um genau eine solche Änderung handelt es sich aber, wenn Griechenland trotz der Einbahnstraßenregelung der Verträge die Einführung einer nationalen Währung erlaubt würde.
Auch diese Option der Konstruktion eines einvernehmlichen Austrittes erfordert in Ergänzung also eine formelle Vertragsänderung – mit allen oben skizzierten Konsequenzen.
Herrmann 2010, 416 f.
d)      Option 3: Kompetenzielle Rückermächtigung nach Art. 2 I AEUV
Art. 2 I AEUV sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten in Bereichen ausschließlicher Zuständigkeiten der EU, wie z.B. der Wirtschafts- und Währungsunion (siehe Art. 3 I lit. c AEUV) nur dann tätig werden dürfen, wenn sie vorher von der Union dazu ermächtigt worden sind. Eine solche kompetenzielle Rückermächtigung würde es Griechenland ermöglichen, eine eigene Währung einzuführen. Die Anforderungen an die besagte Rückermächtigung sind dabei völlig unklar, da diese weder im Vertrag selbst noch in Sekundärrechtsakten enthalten sind. Auch aus der Rechtsprechung des EuGH lassen sich keine Rückschlüsse bezüglich eventueller Anforderungen ziehen. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur ist aber zumindest ein Sekundärrechtsakt mit qualifizierter Mehrheit erforderlich; die Rückermächtigung kann zudem nach herrschender Meinung nur vorübergehend erfolgen und keinen dauerhaften rechtlichen Bestand haben (stellvertretend für viele: Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 2 AEUV, Rn. 19; die Gegenmeinung vertritt Callies, in Callies/Ruffert, Art. 2 AEUV, Rn. 12 ff.). Diese Anforderungen erschweren die Anwendung auf den Fall Griechenland erheblich, da ein temporäres Ausscheiden aus dem Euro-Raum nicht praktikabel erscheint. Hingegen zeigen sich keine weiteren rechtsdogmatischen Probleme:
Die Rückermächtigung, sofern sie in Form eines Sekundärrechtsaktes erfolgt, verdrängt aufgrund des Grundsatzes lex posterior derogat legi priori schon bestehendes Sekundärrecht, dass die Euro-Einführung in Griechenland vorsieht.
Herrmann 2010 416 f.; Meyer, 337 f.
e)     Fazit
Ein einvernehmlicher Austritt aus dem Euro-Raum ist möglich, erforderlich ist aber eine formelle Vertragsänderung, unabhängig von der Wahl der konkreten Austrittsoption. In Anbetracht der rechtlichen Unklarheiten bzgl. der kompetenziellen Rückermächtigung und den formellen Voraussetzungen der Anwendbarkeit der Flexibilitätsklausel erscheint der Rückgriff auf Option 1 sinnvoll. In jedem Fall sollten die rechtlichen Konsequenzen (s.u.) aber berücksichtigt werden. 
2.      Einseitiger Austritt
a)      Option 1: Austrittsrecht aus der EU nach Art. 50 EUV
Art. 50 EUV sieht ein einseitiges Austrittsrecht aus der EU vor, d.h. ein Austrittsrecht auch ohne vorherige Zustimmung der anderen Mitgliedsstaaten. Wenn schon der Austritt aus der gesamten Union möglich ist, dann ist erst Recht der Austritt aus Teilen der Union, wie zum Beispiel dem Euro-Raum, möglich, so die Argumentation der Befürworter eines einseitigen Austrittsrechtes aus dem Euro-Raum (referiert bei Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 1291). Die Nutzung des argumentum a maiore ad minus ist dabei generell genauso wenig problematisch wie die Sichtweise des Art. 50 EUV als einseitiges Austrittsrecht aus der Union. Problematisch erscheint hingegen eine teleologische Interpretation des Art. 50 EUV: Ohne an dieser Stelle näher auf die Ursprünge dieses Artikels eingehen zu können, ist sein Sinn und Zweck die rechtliche Ermöglichung eines vollumfänglichen Austrittsrechtes, eines Rechtes, das vor Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon noch hochgradig umstritten war. Auf die Etablierung einer Union „à la carte“, in der jeder Mitgliedsstaat nur diejenigen Teile des acquis communautaire übernimmt, die der jeweils aktuellen Regierung passend erscheinen, zielt Art. 50 EUV jedoch nicht ab.
Folglich enthält Art. 50 EUV kein einseitiges Austrittsrecht aus dem Euro-Raum.
Athanassiou, 27-30.; Bonke, 517.; Seidel 2007, 617.; Zeh, 173 ff.
b)     Option 2: nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung nach Art. 61 WVK
(zur Frage der generellen Anwendbarkeit der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) siehe unter III. 3 lit. e)
Verschwindet ein zur Vertragserfüllung unerlässlicher Gegenstand bzw. wird ein solcher Gegenstand vernichtet ist der Rücktritt vom Vertrag oder die Beendigung des Vertrages möglich. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur ist die Bestimmung ganz nach ihrem Wortlaut eng auszulegen, sodass nur physische Gegenstände geltend gemacht werden können (siehe u.a. Bodeau-Livine/Morgan-Foster, in: Corten/Klein, Art. 61 WVK, Rn. 11-23). Gemäß Art. 44 III lit. a WVK ist der Rücktritt auch für einzelne Vertragsbestimmungen möglich, sofern diese Bestimmungen getrennt von den anderen Vertragsbestimmungen angewendet werden können. Da die Vorschriften über die Euro-Mitgliedschaft von den übrigen Vertragsbestimmungen getrennt werden können, ist nun zu klären, welcher Gegenstand im Falle Griechenlandes verschwunden bzw. vernichtet worden sein könnte. Im Falle Griechenlandes wird als solcher Gegenstand hauptsächlich der Zustand der Staatsfinanzen (eine ausreichende Menge an Staatseinnahmen) genannt. Das Verschwinden ausreichender Staatseinnahmen macht es Griechenland unmöglich, seine Vertragsverpflichtungen, insb. das Verbot eines übermäßigen Defizites des Art. 126 AEUV, einzuhalten. Aus diesem Grund kommt Griechenland grds. ein Kündigungs- bzw. Beendigungsrecht zu. Problematisch ist aber, dass wohl nicht allen Ernstes behauptet werden kann, die Unmöglichkeit der Erfüllung sei erst nachträglich aufgetreten und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt gewesen. Zudem hat Griechenland zum Verschwinden der ausreichenden Menge an Staatseinnahmen selbst beigetragen, u.a. durch eine verfehlte Wirtschafts- und Fiskalpolitik; Art. 61 WVK enthält jedoch nur dann ein Kündigungs- bzw. Beendigungsrecht, wenn das Verschwinden nicht selbst herbeigeführt wurde. Auch dieser Artikel enthält im konkreten Fall also kein einseitiges Austrittsrecht aus dem Euro-Raum, sodass die Rechtsfolgen einer Kündigung für die bestehenden Sekundärrechtsakte, auf denen, wie dargelegt, die Euro-Einführung beruht, nicht näher geprüft werden müssen.
c)      Option 3: Clausula Rebus Sic Stantibus des Art. 62 WVK
Als dritte Option zur Begründung eines einseitigen Austrittsrechtes wird die grundlegende Änderung wesentlicher Umstände, die sog. clausula rebus sic stantibus diskutiert. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liegt demnach vor, wenn die grundlegend geänderten Umstände eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung zum Vertrag darstellten, die Änderung von beiden Parteien nicht vorhergesehen wurde und zudem eine tiefgreifende Umgestaltung der noch zu erfüllenden Vertragspflichten zur Folge hat (Art. 62 I WVK). Problematisch erscheint hier zumindest dreierlei: Zwar kommt die mangelnde Leistungsfähigkeit der griechischen Wirtschaft und des griechischen Staates als Umstand durchaus in Betracht, fraglich erscheint jedoch schon die grundlegende Änderung bzw. die Tatsache, dass die ausreichende Leistungsfähigkeit überhaupt jemals bestanden hat. Doch selbst wenn eine solche angenommen wird wurde diese Änderung zumindest von der griechischen Seite möglicherweise vorhergesehen, was näher zu prüfen wäre. Zudem ergibt sich auch bei der Anwendung dieses Artikels das Problem, dass Griechenland die Änderung der Umstände herbeigeführt hat (dies schließt die Anwendung des Artikels nach Art. 62 II lit. b aus), sodass im Ergebnis unter Berücksichtigung der restriktiven Anwendung dieses Artikels auch aus diesem kein einseitiges Austrittsrecht aus dem Euro-Raum für Griechenland hergeleitet werden kann.
Bonke, 519 f.; Herdegen, 4 f., 9.; Shaw/Fournet, in: Corten/Klein, Art. 62 WVK, Rn. 24-31.
d)     Fazit
Nach geltendem Völker- und Europarecht lässt sich kein einseitiges Austrittsrecht aus dem Euro-Raum rechtlich konstruieren. Ein solcher einseitiger Austritt stellt folglich einen Verstoß sowohl gegen die Verträge als auch gegen die WVK dar.
Es mag in Frage zu stellen sein, inwiefern sich alle Vertragsparteien an das Recht halten werden – rechtlich legitimieren lässt sich ein einseitiger Austritt nicht.
3.      Ausschluss
a)      Option 1: Allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gesellschaftsrechtes
Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gesellschaftsrechtes enthält das sog. Obstruktionsverbot: Ein Gesellschafter, der auf Dauer bewusst Obstruktion betreibt, d.h. die Zusammenarbeit der Gesellschafter dauerhaft beeinträchtigt bzw. zumindest behindert, kann aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Im konkreten Fall wird Griechenland vorgeworfen, gegen genau dieses Obstruktionsverbot verstoßen zu haben, indem die Haushaltsdisziplin nicht eingehalten und bewusst falsche Angaben über den Zustand der Wirtschaft und der Staatsfinanzen gemacht wurden.
Ohne an dieser Stelle näher auf diese Vorwürfe eingehen zu können, ist die grundsätzliche Anwendbarkeit des Rechtsgrundsatzes in Frage zu stellen. Abgesehen von Problemen der Übertragbarkeit gesellschaftsrechtlicher Rechtsgrundsätze auf die zwischenstaatlichen Beziehungen im Gefüge der EU und Unsicherheiten bzgl. der generellen Existenz dieses Rechtsgrundsatzes im Unionsrecht, setzt die Anwendung eines Rechtsgrundsatzes im Unionsrecht immer das Vorliegen einer Regelungslücke voraus. Eine solche Regelungslücke liegt an dieser Stelle jedoch überhaupt nicht vor (s.o.), sodass der Rechtsgrundsatz nicht anwendbar ist und sich aus ihm folglich auch kein Ausschlussrecht der anderen Mitgliedsstaaten gegenüber Griechenland ableiten lässt.
Inwiefern der hier genannte Rechtsgrundsatz Bestandteil des ungeschriebenen primären Unionsrechtes ist und/oder als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Völkerrechtes auch für die EU als Internationale Organisation gilt, muss demnach an dieser Stelle nicht näher untersucht werden.
Behrens, 121.; Bonke, , 523.
b)     Option 2: Ausschluss nach Art. 7 EUV
Art. 7 EUV III enthält die Möglichkeit, Rechte bestimmter Mitgliedsstaaten bei einer vom Europäischen Rat festgestellten schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Grundwerte des Art. 2 EUV auszusetzen. Fraglich ist zuerst, welche Grundwerte Griechenland verletzt haben soll. Mir erscheint hier kein Grundwert gravierend und anhaltend verletzt, sodass ein Rückgriff auf Art. 7 EUV von vornherein ausgeschlossen ist. Doch selbst wenn eine Verletzung eines Grundwertes angenommen wird, erscheint die Regelungstechnik des Art. 7 im Hinblick auf einen möglichen Ausschluss problematisch, denn dieser sieht nur die temporäre Aussetzung von Rechten, nicht jedoch den finalen Ausschluss aus ganzen Teilgebieten der Union vor. Zwar mag die Grenze zwischen der (zulässigen) Aussetzung gewisser Rechte und dem (unzulässigen) Ausschluss im Einzelfall kaum zu ziehen sein und ist die Nutzung des Euros grds. als Recht i.S.v. Art. 7 EUV zu klassifizieren, doch erscheint ein temporärer Ausschluss aus dem Euro-Rau,m nicht praktikabel. Bei der Aussetzung der Rechte wären zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die sog. Unionsbürger-Schutzklausel des Art. 7 III UA. 1 a.E. EUV zu beachten, nach der die Auswirkungen der Aussetzung der Rechte auf die Rechte und Pflichten natürlicher und juristischer Personen berücksichtigt werden müssen. Im Hinblick auf beide Grundsätze erscheint ein Ausschluss wohl nur dann gerechtfertigt, wenn ein oder mehrere Grundwerte des Art. 2 EUV in extrem schwerwiegender Weise verletzt werden. Darüber hinaus wäre gesondert zu untersuchen, ob ein Ausschluss aus dem Euro-Raum überhaupt geeignet ist, die Verletzung der Grundwerte zu beenden und somit dem eigentlichen Sinn und Zweck des Art. 7 als Mittel zur Wiederherstellung wertkonformen Verhaltens gerecht zu werden.
Eine Verletzung derartigen Ausmaßes kann Griechenland zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgeworfen werden, sodass sie im Ergebnis nicht nach Art. 7 EUV aus dem Euro-Raum ausgeschlossen werden können.
Schorkopf, in: Grabitz / Hilf/ Nettesheim, Art. 7 EUV, Rn. 42-46.; Vormizeele, in: von der Groeben/Schwarze, Art. 7 EUV, Rn. 13 f.
c)      Option 3:Annulierung der Ratsentscheidung, die die Erfüllung der Konvergenzkriterien durch Griechenland feststellte (Entscheidung 2000/427 EG)
Die Ratsentscheidung 2000/427 EG, die die griechische Erfüllung der Konvergenzkriterien feststellte, so die Argumentation (u.a. von Behrens 2010: 121), war rechtswidrig, da Griechenland die Konvergenzkriterien nicht erfüllte. Diese Rechtswidrigkeit könnte auf dem Wege der Nichtigkeitsklage vor dem EuGH geltend gemacht werden; im Ergebnis führte die Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidung zu einer Rückstufung Griechenlands zum „Mitgliedsstaat mit Ausnahmeregelung“ i.S.v. Art. 139 AEUV. So zwingend diese Argumentation auf den ersten Blick wirken mag, so kritikwürdig erscheint sie bei genauerer Betrachtung: Zu fragen ist, wer überhaupt Klageberechtigt wäre und welcher Nichtigkeitsgrund in Betracht käme. Nach Art. 263 VI AEUV beträgt die Klagefrist einer Nichtigkeitsklage zudem nur zwei Monate, gemessen ab dem Zeitpunkt, an dem der Kläger über die Handlung, in unserem Fall die Ratsentscheidung, Kenntnis erlangt. Obwohl die Klagefrist offensichtlich schon abgelaufen ist, wird gelegentlich argumentiert, durch den permanenten Normverstoß Griechenlandes, d.h. die fortwährende Nichterfüllung der Konvergenzkriterien, werde die Klagefrist immer wieder neu eröffnet (u.a. Behrens 2010: 121). Abgesehen von einer grundlegenden Skepsis gegenüber einer solchen Sichtweise aus Gründen der Rechtsicherheit kann wohl von einer Verwirkung des Rechtes auf Eröffnung einer Nichtigkeitsklage ausgegangen werden, da die fortwährende Anerkennung der Mitgliedschaft Griechenlandes im Euro einer konkludenten Anerkennung der Gültigkeit der betreffenden Ratsentscheidung gleichkommt. Darüber hinaus ist ganz generell fraglich, ob es  auf die wirkliche Erfüllung der Konvergenzkriterien ankommt oder allein auf die Feststellung der Erfüllung dieser Kriterien durch den Rat. Von einer Überdehnung des Erfordernisses der Erfüllung der Konvergenzkriterien ist zumindest dann auszugehen, wenn nach der Einführung des Euro mitgliedstaatliches Verhalten an ihnen gemessen wird. Zwar verpflichten sich die Euro-Mitgliedsstaaten im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, gewisse Anforderungen an die nationale Wirtschafts- und Fiskalpolitik zu erfüllen, die Verträge selbst sehen aber keine fortwährende rechtliche Bindung an die Konvergenzkriterien vor (so auch Seidel 2010: 25). Im Ergebnis ist folglich nicht davon auszugehen, dass auf Grundlage einer Nichtigkeitsklage die in Frage stehende Ratsentscheidung annulliert werden könnte.
Bonke, 521 f.; Meyer, 338.; Seidel 2010, 25 ff.
d)     Option 4: Ungültigkeit der Vertragsbestimmungen aufgrund griechischen Betruges beim Vertragsabschluss nach Art. 49 WVK
In Anbetracht der nach und nach zu Tage getretenen Erkenntnisse über gefälschte griechische Angaben zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Staates im Zuge der Euro-Einführung kann durchaus davon gesprochen werden, dass ein betrügerisches Verhalten vorliegt: nur durch die falschen Angaben wurden die anderen Mitgliedsstaaten dazu veranlasst, Griechenland in den Euro aufzunehmen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die griechische Euro-Einführung auf Sekundärrecht beruht und eben nicht auf vertraglichen Bestimmungen. Beim Vertragsabschluss selbst hat Griechenland nämlich gar nicht betrogen, bzw. es kann zumindest nicht angenommen werden, der Betrug habe zum Vertragsabschluss geführt. Folglich sind die Bestimmungen der WVK, die sich nur auf den Vertragsschluss beziehen, nicht anwendbar und es liegt kein betrügerisches Verhalten i.S.v. Art. 49 WVK vor.
e)      Option 5: Erhebliche Vertragsverletzung i.S.v. Art. 60 WVK
Bevor näher auf die Frage eingegangen wird, ob eine erhebliche Vertragsverletzung durch Griechenland vorliegt, die nach Art. 60 II lit. c WVK die anderen Mitgliedsstaaten dazu befugen würde, den Vertrag zu suspendieren, ist zuerst zu prüfen, ob dieser Artikel des Völkervertragsrechtes überhaupt anwendbar ist. Problematisch erscheint hier vor allem die Eigenschaft der Europäischen Union als self-contained regime: Gemäß Art. 344 AEUV verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, Streitigkeiten bzgl. der Verträge im Rahmen der vertraglich vorgesehen Verfahren zu regeln. Konkret sehen die Art. 7 EUV und die Art. 126, 258 f. AEUV Wege vor, um gegen mutmaßliche Vertragsverletzung durch einen Mitgliedsstaat vorzugehen. Dies führt im Umkehrschluss dazu, dass Art. 60 WVK allenfalls dann anwendbar ist, wenn alle vertraglich vorgesehenen Sanktionsmechanismen ausgeschöpft wurden und sich als strukturell ungeeignet erwiesen haben, vertragskonformes Verhalten wiederherzustellen. Nur in diesem Sonderfall kommt ein Ausschlussrecht unter Rückbezug auf Art. 60 WVK als letztes Rechtsmittel überhaupt in Betracht. Angewendet auf Griechenland kann (noch?) nicht davon gesprochen werden, dass alle Sanktionsmechanismen erschöpft seien –folglich kann Griechenland auch nicht auf Basis des Artikels 60 WVK aus dem Euro-Raum ausgeschlossen werden.
Die Eigenschaft der EU als self-contained regime bzgl. der zulässigen Reaktionen auf Vertragsverletzungen schließt aber nicht generell den Rückgriff auf die WVK aus: Da die unionsrechtlichen Verträge weder adäquate Reaktionsmöglichkeiten auf eine nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung noch auf die grundlegende Änderung wesentlicher Umstände vorsehen, bleiben die einschlägigen Artikel der WVK in diesen Bereichen anwendbar.
(Hiergegen könnte wiederum auf Basis von Art. 344 AEUV argumentiert werden; diese Diskussion kann an dieser Stelle jedoch nicht ausführlich vorgenommen werden).
Athanassiou, 12 ff.; Bonke, 518 f., 524 f.; Herrmann 2010, 417.; Klein MPEPIL 2006.;
Wegener, in: Callies/Ruffert, Art. 344 AEUV, Rn. 1.
f)       Fazit
Ein Ausschluss Griechenlandes aus dem Euro-Raum ist rechtlich nicht zulässig. Weder auf Basis des Art. 7 EUV noch auf Grundlage der WVK lässt sich ein Ausschlussrecht konstruieren.
In der Folge stellt ein Ausschluss einen Vertragsbruch dar, gegen den Griechenland ggf. vorgehen könnte (dazu näher unter IV. c)

IV. Quo vadis: Die rechtlichen Konsequenzen einer Beendigung der Euro-Mitgliedschaft

Abschließend soll nun ein kurzer Blick auf die rechtlichen Konsequenzen eines Ausscheidens aus dem Euro-Raum geworfen werden. Hierbei wird  die in Teil III vorgenommene Unterteilung in drei Unterarten der Beendigung der Euro-Mitgliedschaft beibehalten.
Die Konsequenzen sind völkerrechtlicher, europarechtlicher, staatsrechtlicher und nicht zuletzt privatrechtlicher Natur und zudem im höchsten Maße abhängig von der konkreten Ausgestaltung des griechischen Ausscheidens und dem kaum vorhersehbaren Verhalten der zentralen Akteure, sodass an dieser Stelle nur mögliche Konsequenzen ohne Anspruch auf Vollständigkeit skizziert und auf die einschlägige Literatur verwiesen werden kann.
a)      Einvernehmlicher Austritt
Wie oben dargelegt ist ein einvernehmlicher Austritt möglich, bedarf aber einer formellen Vertragsänderung. Die Folgen einer Vertragsänderung für die Stabilität der Eurozone und damit für die Zukunft des Euro sind kaum abschätzbar und eher als Frage der Wirtschaftswissenschaften zu behandeln. Aus rechtlicher Perspektive erlangt Griechenland im Falle eines einvernehmlichen Austrittes seine Währungssouveränität zurück und könnte auf Basis dieser Souveränität eine eigene Währung einführen und die Umrechnungskurse zum Euro, etc. selbstständig und unabhängig festlegen. Von einer Wiedereinführung der Drachme kann jedoch nicht die Rede sein: In jedem Fall handelt es sich um die Einführung einer neuen  Währung, selbst wenn diese den gleichen Namen wie eine frühere Währung trägt.
Eine Rückerstattung bei der EZB nach den Art. 28 – 30 EZB-Statut hinterlegten Kapitals und hinterlegter Währungsreserven stellt im Falle eines einvernehmlichen Austrittes ebenfalls kein Problem dar. Problematisch erscheint hingegen die Umstellung der Schulden, d.h. die Umstellung der Schulden in Euro bzw. anderen Fremdwährungen auf die neue Währung. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklung des Wechselkurses der neuen griechischen Währung zu Fremdwährungen (zu erwarten ist eine massive Abwertung) ist die Frage der Umstellung im höchsten Maße relevant; gleichzeitig ist sie als Frage des internationalen Privat- und Verfahrensrechtes aber auch hochgradig komplex und nur bei genauer Betrachtung der einzelnen Schuldverhältnisse angemessen zu beantworten. Als Faustregel gilt:
Nur wenn der Wohnsitz des Schuldners und/oder der Zahlungsort der Schulden in Griechenland liegen, ist eine Umstellung möglich (näher dazu Proctor 2006, Ernst 2011, Kindler 2012).
Im Ergebnis führt dies dazu, dass wahrscheinlich ein nicht unerheblicher Teil der griechischen Schulden zu Fremdwährungsschulden würden.
Ernst 49 ff; Kindler, 1617-619.; Proctor, 924-929.
b)     Einseitiger Austritt
Wie oben festgestellt ist ein einseitiger griechischer Austritt unzulässig. Praktisch lässt er sich jedoch nicht ausschließen, sodass auch hier die rechtlichen Konsequenzen sinnvollerweise betrachtet werden sollten. Gegen den Vertragsbruch des Austrittes könnte die Kommission bzw. die anderen Mitgliedsstaaten auf dem Wege des Vertragsverletzungsverfahrens der Art. 258 f. AEUV vorgehen. Im Anschluss an eine etwaige Feststellung einer Vertragsverletzung durch den  EuGH ergäbe sich eine unionsrechtliche Staatshaftung für Verluste der Mitgliedsstaaten und ihrer Staatsangehöriger. Eine Rückerstattung des bei der EZB hinterlegten Kapitals scheidet ebenso aus wie eine Umstellung der Schulden in Euro: Wegen des Vorrang des Unionsrechtes wären selbst griechische Gerichte gezwungen, das kollidierende griechische Währungsgesetz nicht anzuwenden. Im Ergebnis ist ein einseitiger Austritt als Verstoß gegen das Unionsrecht bei fortwährender Mitgliedschaft in der EU in Anbetracht der potentiell weitreichenden negativen rechtlichen Konsequenzen als unklug zu bezeichnen und Griechenland aus juristischer Perspektive nicht zu empfehlen.
Proctor, 929-934.
c)      Ausschluss
Ein Ausschluss Griechenlandes aus dem Euro-Raum stellt ebenfalls einen Verstoß gegen Unionsrecht dar. In diesem Fall könnte Griechenland auf den oben näher erläuterten Wegen gegen den Ausschluss vorgehen. Die Frage, ob die ausschließenden Mitgliedsstaaten eine neue griechische Währung anerkennen müssten, wäre gesondert zu untersuchen.
Proctor, 934-937.

V. Fazit 

Ein Ausscheiden Griechenlandes ist rechtlich nicht so einfach zu konstruieren, wie uns dies Experten auf allen Kanälen glauben machen wollen. Die Euro-Mitgliedschaft Griechenlands kann nur einvernehmlich beendet werden und selbst die Option hat beachtenswerte (potentiell negative) Konsequenzen.
Inwiefern sich die maßgeblichen politischen Akteure daran halten werden, steht auf einem völlig anderen Blatt – doch schlussendlich könnten die rechtlichen Beschränkungen durchaus eine entscheidende Rolle spielen und in diesem Sinne die Euro-Zone in ihrer Gesamtheit erhalten. Dies wäre ein weiterer Beweis für die Bedeutung des Europarechtes.

III. Grexit, Wechselkurse und die Zukunft Griechenlands


Die vorhergehenden Betrachtungen führen zum letzten Aspekt unserer Analyse: Was soll wirtschaftspolitisch durch ein Grexit überhaupt möglich gemacht werden und was wären die Folgen für die griechische Wirtschaft?
Um dies zu verstehen sind verschiedene Aspekte relevant. In diesem Artikel wird der Schwerpunkt bewusst auf nur zwei Fragestellungen gesetzt. Erstens soll erläutert werden, weswegen Parteien und Experten überhaupt ein Grexit fordern. Hierzu wird aus makroökonomischer Sicht betrachtet, welche Faktoren die Nachfrage nach griechischen Gütern und somit die Produktion der Volkswirtschaft beeinflussen. Die Nettoexporte und verschiedene Wechselkursregime werden dabei im Vordergrund stehen. In einem zweiten Schritt soll abgeschätzt werden, wie sich Wechselkurs und Produktion nach einem Grexit entwickeln könnten. Keine Berücksichtigung finden in dieser Analyse andere Aspekte, wie z. B. ein möglicher Staatsbankrott oder die Auswirkungen massiver Kapitalflucht, welche einem Grexit vorausgehen könnte. Diese kann daher zwar Antworten auf große Teile der Problematik geben, muss aber in der Folge ergänzt werden. In dieser Analyse soll die außerdem griechische Perspektive im Vordergrund stehen – Vor- und Nachteile anderer Länder durch ein Grexit werden vernachlässigt.

Schaut man sich zu Beginn den Status Quo Griechenlands an, so fallen zwei für unsere Analyse relevante Probleme auf: Erstens sah sich Griechenland 2014 mit einem Schuldenberg konfrontiert, welcher 177,1 % des eigenen BIPs entsprach. Trotz sinkender absoluter Schuldensumme seit 2011 stiegen die Schulden in Relation zum BIP im gleichen Zeitraum an. 2011 beliefen sich die Schulden Griechenlands auf ca. 356 Milliarden Euro, welches damals 171,3% des BIPs waren; 2014 ist der Schuldenstand in Euro auf 317 Milliarden gesunken, während der relative Schuldenstand um 6 Prozentpunkte auf 177,1% gestiegen ist. (Quelle: Eurostat http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/refreshTableAction.do;jsessionid=-UO1Db-a4S0Y7J-dQ3vRCNMhfcgZZ2faTqQU96lMLcMvN99uIHv1!-1902225176?tab=table&plugin=1&pcode=teina225&language=de, zugegriffen am 02.06.15) 
Dies deutet auf das andere Problem Griechenlands hin, welches, zweitens, die schrumpfende Wirtschaftskraft des Landes ist.
An diesem Punkt der Analyse scheint es sinnvoll folgende Annahme über die Nachfrage nach inländischen (in unserem Fall: griechischen) Gütern zu treffen, die sich in der Literatur häufig wiederfindet (vgl. Blanchard, Olivier; Illing, Gerhard. 2006.).
Die Nachfrage nach inländischen Gütern, welche im Gleichgewicht der Produktion der griechischen Volkswirtschaft entspricht, setzt sich aus vier Einzelnachfragen zusammen: Erstens, aus dem Konsum der privaten Haushalte, zweitens, den privaten Investitionen, drittens, den Staatsausgaben und schließlich viertens, den Nettoexporten – das heißt der Differenz zwischen dem Wert der exportierten und der importierten Güter der Volkswirtschaft.
Um diese Einzelnachfragen zu stimulieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zwei klassische Instrumente um Volkswirtschaften, die sich in einer Rezession befinden, anzukurbeln sind eine expansive Fiskalpolitik sowie eine expansive Geldpolitik. Erstere bedeutet nichts anderes, als dass der Staat seine Ausgaben erhöht oder seine Steuern senkt und somit, z. B. durch Konjunkturprogramme, die Nachfrage nach inländischen Gütern erhöht. Verstärkt wird die Wirkung einer expansiven Fiskalpolitik durch den sogenannten ‚Multiplikatoreffekt‘. Investiert der Staat Geld um beispielsweise eine Straße zu bauen, so bekommen Bauarbeiter, Ingenieure und Teerfabrikanten am Ende des Tages einen Lohn ausgezahlt, welchen sie im Restaurant und im Kino ausgeben, deren Personal dann wiederum mehr Geld zu Verfügung steht und so weiter. Im Falle Griechenlands gibt es hierbei jedoch zwei Probleme: Konjunkturprogramme und Steuersenkungen müssen finanziert werden und den griechischen Schuldenberg auszuweiten würde zahlreiche andere Probleme nach sich ziehen. Außerdem wäre der Multiplikatoreffekt für Griechenland wahrscheinlich sehr klein; in offenen Volkswirtschaften wird die Investitionskette nämlich durch den Teil der Ausgaben abgeschwächt, welcher auf importierte Güter entfällt. Die zweite Möglichkeit ist die einer expansiven Geldpolitik. Dies bedeutet z. B. dass die Zentralbank eines Staates ihren Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken von der Zentralbanken Geld leihen können, senkt. Unter der Annahme, dass diese ihre gesunkenen Refinanzierungskosten an ihre Kunden weitergeben, werden Investitionen für Private attraktiver. Auch dieses klassische wirtschaftspolitische Instrument hilft im Falle Griechenlands nicht. Griechenland befindet sich in einer Währungsunion in der die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins festlegt. Diese richtet sich nicht alleine nach den griechischen Bedürfnissen, die griechische Regierung kann also die Geldpolitik nicht beeinflussen. Darüber hinaus befinden wir uns in der Situation, dass der Leitzins der EZB schlichtweg kaum mehr gesenkt werden kann – dieser ist aktuell bei 0,05% (Quelle: http://www.finanzen.net/leitzins/, zugegriffen am 02.06.15). Dies scheint Griechenland aber auch nicht zur Genesung zu führen.

Diese zwei klassischen Instrumente der Wirtschaftspolitik sind also für Griechenland außer Reichweite oder zeigen keine Wirkung. Doch wie passt die Debatte um das Grexit in diesen Kontext?

Um dies zu verstehen wird die vierte Komponente der Nachfrage nach inländischen Gütern betrachtet – die Nettoexporte NX. Wie bereits erklärt versteckt sich hinter dieser Bezeichnung nichts anderes als der Wert der Exporte minus dem der Importe eines Landes. Vereinfachend geht man davon aus, diese werden von drei Faktoren beeinflusst: Erstens, der ausländischen Produktion  und somit dem Einkommen der ausländischen Volkswirtschaft; denn wenn in Frankreich alle Menschen mehr verdienen so werden sie mehr konsumieren, auch (aus Griechenland) importierte Güter. Zweitens, der inländischen Produktion  und somit dem Einkommen der inländischen Volkswirtschaft; denn je mehr die Inländer verdienen, desto mehr konsumieren sie auch importierte Güter (welches, kontraintuitiv, eine negative Auswirkung auf die Nettoexporte des Inlands hat). Und schließlich drittens, der reale Wechselkurs ε.

Es ist davon auszugehen, dass das ausländische Produktionsniveau von der griechischen Regierung nicht beeinflusst werden kann. Ebenso verhält es sich mit dem inländischen Preisniveau (die inländische Produktion ist schließlich die Zielgröße, die beeinflusst werden soll). Somit bleibt nur noch der reale Wechselkurs als Stellschraube, an der gedreht werden kann. Um aber zu verstehen, wie und wie stark gedreht werden soll, muss erst verstanden werden, was der reale Wechselkurs überhaupt ist.
Die meisten Menschen haben bereits Erfahrungen mit Wechselkursen gemacht. Bietet eine Wechselstube in etwa an, einen Euro für zwei Dollar zu kaufen, so spricht man von einem nominalen – in Geldeinheiten gemessenen – Wechselkurs von 2:1 zwischen Dollar und Euro. Dass dieser aber nicht alleine für die Ankauf- bzw. Verkaufsentscheidung von Exporteuren und Importeuren ausschlaggebend ist soll hier an einem Beispiel erläutert werden. Wir stellen uns vor, Andi plant als Deutscher einen längeren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten. Beim Kofferpacken fällt ihm auf, dass der T-Shirt Bestand im eigenen Kleiderschrank drastisch gesunken ist und er dem dringend entgegenwirken muss. Ob er dies jedoch noch in Deutschland oder ein paar Tage später in den USA erledigt ist ihm egal - die T-Shirts sind überall gleich. Als Entscheidungskriterium soll nur ein Preisvergleich dienen. In der Ausgangssituation ist der Wechselkurs 2 Dollar/Euro (man bekommt zwei Dollar im Tausch für einen Euro), ein T-Shirt in Deutschland kostet 20 Euro, ein T-Shirt in den USA 35 Dollar. Die Kaufentscheidung ist klar, Andi wartet ein paar Tage und kauft sich für seine 20 Euro, die er in 40 Dollar umtauscht, ein T-Shirt und hat danach noch 5 Dollar übrig.
Fällt der Wechselkurs am selben Tag auf 1 Dollar/Euro, so würde sich Andi anders entscheiden. Für seine 20 Euro könnte er sich nämlich in Deutschland ein T-Shirt kaufen, in den USA jedoch nicht mehr, er bekommt nämlich nur noch 20 Dollar für seine 20 Euro.

Es ist allerdings auch ein weiteres Szenario denkbar, welches Andis Kaufentscheidung abändern würde. Wie zuvor wird angenommen, der Wechselkurs sei wieder 2 Dollar/Euro. Der Preis für ein T-Shirt in den USA steigt nun jedoch von 35 auf 45 Dollar (in etwa durch Inflation, höhere Steuern oder gestiegene Produktionskosten des T-Shirtfabrikanten). Andi wird nun das T-Shirt lieber in Deutschland kaufen – in den USA bekäme er schließlich für 20 Euro zwar wieder 40 Dollar, davon könnte er sich aber kein T-Shirt mehr leisten.
Dieses Beispiel verdeutlicht, dass nicht nur der nominale Wechselkurs die Import- und Exportflüsse zwischen Volkswirtschaften beeinflusst, sondern auch das Preisniveau. Setzt man das ausländische Preisniveau  ins Verhältnis zum inländischen Preisniveau  und verrechnet dies mit dem nominalen Wechselkurs , so erhält man den realen Wechselkurs ε:
 Dieser gibt Auskunft über die wichtigsten Einflussvariablen von Import- und Exportströmen und ist somit ein Maß für die Wettbewerbsfähigkeit zwischen zwei Volkswirtschaften. Man kann davon ausgehen, dass ein niedrigerer realer Wechselkurs sich positiv auf die Nettoexporte einer Volkswirtschaft auswirkt (der Wert ihrer Exporte steigt, der ihrer Importe sinkt) und umgekehrt [unter der Annahme, die Marhall-Lerner Bedingung sei erfüllt; vgl. Kapitel 19, Blanchard, Olivier; Illing, Gerhard. 2006].
Wie kann ein Staat jedoch den realen Wechselkurs der eigenen Volkswirtschaft beeinflussen? Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist ein Absenken des Preisniveaus innerhalb der eigenen Volkswirtschaft. Dies ist beispielsweise durch sinkende Löhne erreichbar, wie es in Griechenland bereits geschieht: Seit 2009 sind in Griechenland die Arbeitskosten in der freien Wirtschaft um knapp über 20 Prozentpunkte gesunken.
Dieser Weg wird jedoch als der deutlich längere Weg im Vergleich zu seiner Alternative gesehen: dem Absenken des nominalen Wechselkurses. Dieser kann im Normalfall von der Zentralbank beeinflusst werden und ist sozusagen über Nacht veränderbar. Für Griechenland wäre das Absenken des nominalen Wechselkurses also eine Möglichkeit, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, mehr zu exportieren und somit einen Aufschwung für seine Volkswirtschaft herbeizuführen.
1.        

Dazu bräuchte Griechenland allerdings eine unabhängige Geldpolitik, welche innerhalb der Eurozone unmöglich ist. Dies wäre nur durch ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, ein Grexit, möglich – dessen Eintreten wir im Folgenden annehmen um die Folgen zu modellieren.
Nehmen wir einmal an, die griechische Zentralbank nutzt ihre neu gewonnene Unabhängigkeit nach einem Grexit um den nominalen Wechselkurs zu senken, so führt dies keineswegs zur augenblicklichen Genesung der griechischen Volkswirtschaft. Die Nettoexporte würden sich vielmehr erst negativ entwickeln, um erst nach einer gewissen Zeit zuzunehmen und schließlich ihr Ausgangsniveau zu übersteigen. Dieses Phänomen nennt sich J-Kurven Effekt und ist folgendermaßen erklärbar: Import- und Exportmengen werden vertraglich festgelegt und sind in der kurzen Frist starr. Ein griechischer Importeur wird seinem belgischen Geschäftspartner die festgelegte Menge an Produkten abnehmen müssen, auch wenn der für ihn in Drachme zu zahlende Preis durch den veränderten Wechselkurs gestiegen ist. Die Verkaufsmenge der Exporteure ist in einem ersten Moment auch fix, auch wenn das Ausland zu den neuen Preisen wohl mehr griechische Produkte nachfragen würde, er also mehr verkaufen könnte. Dies sind die Gründe, wieso sich die Nettoexporte in einem ersten Moment verschlechtern.

Mittelfristig, das heißt nach einigen Monaten, können Import- und Exportmengen neu verhandelt werden. Eine Anpassung findet statt und die Volkswirtschaft profitiert von der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit.
Doch hieße das für den Fall Griechenland, dass nach einer kurzen Periode die steigenden Nettoexporte zu einem Aufschwung führen würden? Das bisher benutzte Modell vernachlässigt eine Gegebenheit, die nun in die Überlegungen aufgenommen werden soll: den Schuldenberg Griechenlands.
Im Falle eines Grexits ist es schwer bis in alle Einzelheiten abzuschätzen, was mit den griechischen Schulden geschehen würde. Sehr wahrscheinlich erscheint, dass ein Großteil der Schulden in Euro zu begleichen wäre - und zwar nicht nur Staatsschulden sondern auch Unternehmens- und vor allem Bankenschulden. Schätzungen zufolge würde eine neu eingeführte Drachme ca. 50% an Wert verlieren (Alcidi, Giovannini, Gros. 2012.), welches nichts anderes als eine Verdopplung der im Ausland gehaltenen griechischen Staats- und Unternehmensschulden bedeuten würde. Zu dem durch die J-Kurve beschriebenen Einbruch der Nettoexporte in der kurzen Frist würde es also höchstwahrscheinlich zu einem Einbruch der Staatsausgaben und der privaten Investitionen kommen, welcher die griechische Wirtschaft zu einem Totalkollaps führen könnte, womöglich bis hin zum Staatsbankrott. Was das dann wiederum im Einzelnen bedeuten würde, muss, wie bereits erwähnt, Inhalt einer anderen Arbeit sein.
  

Text- und Bildnachweise

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(zit. nach Bearbeiter)
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Schwarze, Jürgen, EU-Kommentar, 3. Auflage, Baden-Baden 2012.
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Zeh, Juli, Recht auf Austritt, ZEuS 2004, 173.
3) Wirtschaftswissenschaftlicher Teil
Alcidi, Cinzia; Giovannini, Alessandro; Gros, Daniel: ‘Grexit’: Who would pay for it?, CEPS Policy Brief No.272 (2012)

Blanchard, Olivier; Illing, Gerhard: Makroökonomie, Pearson Studium, München (2006)          

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