F.M.| J.J.O.| L.K.
“Russia’s
military activity was observed near Latvia’s borders in previous years already,
and grew at an alarming rate in 2014 […] Such activities pose a threat to
Latvia’s security. The past year has clearly proved that national capabilities
should be enhanced not only to counter conventional military threats, but also
a new emerging threat. So-called hybrid warfare has become reality in
present-day Europe.”
Edgars Rinkēvičs, lettischer Außenminister, vor dem
lettischen Parlament am 22.01.2015
Diese Aussage des
lettischen Außenministers verdeutlicht, dass Lettland, Litauen und Estland vor
dem Hintergrund der Ukraine-Krise Russland als massive Bedrohung für ihre
Sicherheit wahrnehmen Nach
der Annexion der Krim und der Destabilisierung der Ostukraine durch Russland sind
sie vermehrt ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Die drei baltischen Staaten
wurden 1940 von der Sowjetunion annektiert und sind erst seit 1991 unabhängig.
Befürchtet
wird, dass Russland die auf der Krim und in der Ostukraine beobachteten
Taktiken ebenso im Baltikum anwendet. Diese werden unter dem Begriff hybride
Kriegsführung zusammengefasst. Hybride Kriegsführung wird verstanden als eine
Mischung aus symmetrischer und asymmetrischer Kriegsführung. Es handelt sich
also um eine Kombination aus folgenden Handlungen (keine abschließende
Aufzählung):
- Spezialkräfte (ohne Hoheitsabzeichen)
- Unterstützung von Aufständischen
- Truppenbewegungen mit Grenzübertritt
- Informationskrieg
- Aussetzung der Öl-oder Gaslieferungen
- Aktionen im Cyberraum
- Wirtschaftsembargo
- Diplomatischer Druck (Tamminga 2015: 2-3)
In der
sicherheitspolitischen Debatte vollzieht sich in den letzten Jahren ein Wandel
des Analysefokus: Statt der Bedrohung, die immer diffuser wird und daher
schwerer einzuschätzen ist, konzentriert man sich auf die eigene Vulnerabilität
(Verletzlichkeit), nimmt also die Innenperspektive ein. Im
sicherheitspolitischen Kontext ist vor allem die strategische Vulnerabilität
von Bedeutung, diese bezieht sich auf vulnerable Aspekte des Staates, die durch
einen strategisch handelnden Gegenakteur getroffen werden könnten, im
Unterschied zu Bedrohungen wie Naturkatastrophen etc. (Münkler und Wassermann
2012).
Die baltischen
Staaten sind im Kontext der Bedrohung durch Russland insbesondere in drei
Aspekten strategisch vulnerabel: Aufgrund der russischsprachigen Minderheiten,
die instrumentalisiert werden könnten (Major
und Puglierin 2014), aufgrund der
Energieabhängigkeit von Russland (vgl. Yablokovo 2015) und aufgrund mangelnder
militärischer Fähigkeiten, um sich im Ernstfall verteidigen zu können (vgl. Lang
2015).
Um zu analysieren,
wie diese Vulnerabilitäten verringert werden können, werden im Folgenden zuerst
der rechtliche Rahmen für Beistand innerhalb der NATO und der EU aufgezeigt,
anschließend beispielhaft die Energievulnerabilität herausgegriffen und anhand
eines Indexes beleuchtet, welche Stellschrauben zur Verringerung derselben vorhanden
sind, und schließlich Strategien aufgezeigt, die es den baltischen Staaten
erleichtern, ihre Interessen innerhalb der EU und der NATO durchzusetzen.
Die Beistandspflicht der NATO und der Rahmen der Möglichkeiten innerhalb der EU
Vor
dem Hintergrund der Ukraine-Krise ist zu beachten, dass die baltischen Staaten im
Unterschied zur Ukraine Mitglied der NATO und der EU sind. Dies könnte zu einer
Verringerung der Vulnerabilität beitragen.
Das
zentrale Element des Nordatlantikvertrages ist Art. 5, die Beistandspflicht.
Kommt es zu einem bewaffneten Angriff gegen einen der Mitgliedsstaaten der
NATO, so werden die anderen Mitgliedstaaten die in ihren Augen erforderlichen
Maßnahmen treffen, um die Sicherheit im nordatlantischen Raum wieder
herzustellen. Auslösender Tatbestand ist demnach das Vorliegen eines
bewaffneten Angriffs, dieser entspricht begrifflich Art. 51 der Charta der
Vereinten Nationen (im Folgenden: UNC) zur individuellen und kollektiven
Selbstverteidigung. Fraglich ist, was unter einem bewaffneten Angriff zu
verstehen ist.
Der
bewaffnete Angriff steht im Völkerrecht auf der höchsten Stufe einer gleitende
Skala der Einwirkungsintensität. Auf den darunter folgenden Stufen stehen die
Angriffshandlung nach Art. 39 UNC und die Androhung oder Anwendung von Gewalt
nach Art. 2 Nr. 4 UNC, sowie auf der niedrigsten Stufe das Interventionsverbot.
Zur Auslegung des Begriffs des bewaffneten Angriffs soll, gerade da keine
Legaldefinition dieses Begriffs existiert, später ebenso eine Abgrenzung zur
Angriffshandlung und zur Gewaltanwendung erfolgen.
Indizien
für den bewaffneten Angriff finden sich in der Erklärung über die Definition
der Aggression, Res. 3314 (XXIX), welche die Generalversammlung der Vereinten
Nationen am 14.12.1974 verabschiedet hat. Nach allgemeiner Ansicht sind hier
die Merkmale des Angriffs konkretisiert, so ist nach Art. 1 dieser Resolution
Aggression
[…] die
Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat, die gegen die Souveränität, die
territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines anderen
Staates gerichtet oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbar
ist, wie in dieser Definition ausgeführt.
Ergänzt wird
dies durch sieben Fallbeispiele, von denen zwei interessant für die hier
verfolgte Argumentation sind:
(a) die
Invasion oder der Angriff der Streitkräfte eines Staates auf das Hoheitsgebiet
eines anderen Staates oder jede, wenn auch vorübergehende, militärische
Besetzung, die sich aus einer solchen Invasion oder einem solchen Angriff
ergibt, oder jede gewaltsame Annexion des Hoheitsgebiets eines anderen Staates
oder eines Teiles desselben;
(g) das
Entsenden bewaffneter Banden, Gruppen, Freischärler oder Söldner durch einen
Staat oder in seinem Namen, wenn diese mit Waffengewalt Handlungen gegen einen
anderen Staat ausführen, die auf Grund ihrer Schwere den oben aufgeführten
Handlungen gleichkommen, oder die wesentliche Beteiligung daran.
Anzumerken
ist allerdings, dass in allen authentischen Sprachfassungen zwischen Aggression
und bewaffnetem Angriff unterschieden wird. In einer teleologischen (auf das
Ziel der Norm gerichteten) Sicht auf das Verhältnis von Art. 39 zu Art. 51 UNC ist
festzustellen, dass der Staat, der Selbstverteidigung ausübt, diese einstellen
muss, sobald der Sicherheitsrat die zur Wiederherstellung des Friedens
notwendigen Maßnahmen getroffen hat. Es zeigt sich der Gedanke des UN-Systems,
multilaterale Sanktionen durch den Sicherheitsrat der unilateralen
Selbstverteidigung vorzuziehen (Arnauld 2014: 451). Daraus ist zu
schlussfolgern, dass der Begriff des bewaffneten Angriffs, der die
Selbstverteidigung ermöglicht, im Zweifelsfall enger auszulegen ist, als der
Begriff des act of aggression (vgl. Neulinger 2013: 168, Steter 2006: 201f.).
Die Selbstverteidigung ist nur subsidiär zur Friedenssicherungsbefugnis durch
den Sicherheitsrat (Arnauld 2014: 449).
Wie
bereits angemerkt, spielt hier ebenso systematisch das Gewaltverbot nach Art. 2
Nr. 4 UNC eine wichtige Rolle. Zum Umfang des Gewaltverbots ist es möglich, die
Friendly Relations Declaration, Resolution 2625 (XXV) der Generalversammlung der Vereinten Nationen
vom 24.10.1970, heranzuziehen.
Jeder
Staat hat die Pflicht, in seinen internationalen Beziehungen jede gegen die
territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates
gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare
Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen. […] Jeder Staat hat die
Pflicht, die Androhung oder Anwendung von Gewalt zum Zweck der Verletzung
bestehender internationaler Grenzen eines anderen Staates oder als Mittel zur
Lösung internationaler Streitigkeiten, einschließlich Gebietsstreitigkeiten und
Probleme betreffend Staatsgrenzen, zu unterlassen. Jeder Staat hat die Pflicht,
jede Gewaltmaßnahme zu unterlassen, welche die Völker, auf die sich die
Erläuterung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung
bezieht, ihres Rechts auf Selbstbestimmung, Freiheit
und
Unabhängigkeit beraubt. Jeder Staat hat die Pflicht, die Aufstellung oder die
Förderung der Aufstellung irregulärer Streitkräfte oder bewaffneter Banden,
namentlich von Söldnern, zu unterlassen, die für Einfälle in das Hoheitsgebiet
eines anderen Staates bestimmt sind.
Bei
einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung der UN-Charta ist festzustellen,
dass erstens
der Anwendungsbereich des
Gewaltverbots, als zentrales Element der UN-Charta, möglichst groß ausfallen
muss, um möglichst viele gewaltsame Handlungen zu verbieten. Zweitens muss der
Anwendungsbereich des bewaffneten Angriffs deutlich kleiner ausfallen, da
dieser zu einer unilateralen Reaktion befugt, in der UN-Charta aber die kollektive
Sicherheitswahrung in den Vordergrund gestellt wird (Stelter 2007: 195-6).
Daraus folgt, dass jeder bewaffnete Angriff auch eine Verletzung des
Gewaltverbots ist, eine Gewalttat sich in ihrer Intensität aber für die
Schwelle eines bewaffneten Angriffs noch weiter qualifizieren muss (vgl. auch
IGH Nicaragua-Urteil v. 27.6.1986, ICJ Rep. 1986, 14, 191ff., 211, 249). Alles was unter die Schwelle des bewaffneten Angriffs fällt, ist mit
Gegenmaßnahmen friedlicher Natur zu beantworten. Ein bewaffneter Angriff setzt
also erstens ein hohes Maß an Gewalteinwirkung voraus. Zweitens wird ein
bewaffneter Angriff unter Verwendung von Waffen durchgeführt. Dabei ist die Art der Waffe nicht
entscheidend, sondern die Folgeschwere ihres Einsatzes (Steter 2006: 198f.). Die
Verwendung von Waffen impliziert dabei, dass es sich um einen strategischen,
koordinierten Angriff handelt. Im
Hinblick auf die nachfolgende Betrachtung ist es wichtig hervorzuheben, dass der
IGH im Nicaragua-Urteil (Case concerning Military und Paramilitary Activities
in and against Nicaragua, 27.6.1986, Para. 195) feststellt, dass ein
bewaffneter Angriff auch außerhalb der durch reguläre Streitkräfte verübten
grenzüberschreitenden Gewalt liegen könne.
Einzelne Handlungen der hybriden Kriegsführung als bewaffneter Angriff
Auf
der niedrigsten Stufe der Skala, unter dem Interventionsverbot, wären die
Unterstützung von Aufständischen durch Finanzierung (vgl. IGH Nicaragua),
Informationskrieg, Aussetzung der Öl- oder Gaslieferungen, sowie ein
Wirtschaftsembargo diskutieren. Da hier die höchste Stufe der Skala, das Recht
zur Selbstverteidigung, ausgelöst durch die Erfüllung des Tatbestands des
bewaffneten Angriffs, im Vordergrund behandelt wird, sollen nur die Handlungen
diskutiert werden, die potentiell darunter fallen könnten, nämlich: Spezialkräfte
ohne Hoheitsabzeichen, die Unterstützung von Aufständischen sowie Aktionen im
Cyberraum.
Spezialkräfte ohne
Hoheitsabzeichen. Das
Auftauchen von Soldaten ohne Hoheitsabzeichen im Baltikum würde die Gebietshoheit
des Baltikums verletzen und wegen der fehlenden Hoheitsabzeichen gegen
Kriegsrecht verstoßen. Die Qualifikation als bewaffneter Angriff würde von den
Handlungen der Spezialkräfte abhängen. Nach der oben genannten
Aggressionsdefinition müsste von den Streitkräften eine Gewalteinwirkung
ausgehen. Ein nach offiziellen Verlautbarungen versehentlicher, kurzzeitiger
Grenzübertritt ohne Gewalteinwirkung stellt indes im Regelfall keinen Angriff
dar, da die strategische Absicht eines Angriffs oder einer Invasion nicht
unterstellt wird. Im Falle der kurzzeitigen Grenzüberschreitung Russlands ist
die Glaubwürdigkeit der Äußerung, es sei ein Versehen gewesen, hingegen in
Frage zu stellen. Hier ist es gerade Teil der Strategie durch diese
kurzzeitigen Grenzüberschreitungen die baltischen Staaten einzuschüchtern, was
ihre politische Unabhängigkeit und Souveränität verletzt. Da diese
Grenzüberschreitungen systematisch sind, wäre eine Einordnung als Androhung von
Gewalt angebracht. Eine Qualifikation als bewaffneter Angriff ist nur dann
möglich, wenn Waffengewalt verwendet wird.
Zudem
müssten die Spezialkräfte, da sie ohne Hoheitszeichen präsent sind, Russland
erst zugerechnet werden. Nach Art. 4 der Draft Articles on State Responsibility
(AoSR) wären sie als Teil der Exekutive Russland zurechenbar. Ist die
Zurechnung über Staatsorgane schwierig, ist es ebenso möglich, sie unter Art. 8
AoSR Russland zuzurechnen, da sie unter der Kontrolle Russlands stehen. Nach
dem Vorgehen in der Ukraine und Putins Eingeständnis, dass es sich auf der Krim
um russische Soldaten gehandelt habe, dürfte es in praktischer Hinsicht in
einem ähnlichen Szenario zu wenigen Unklarheiten kommen.
Unterstützung von
Aufständischen.
Denkbar ist auch, dass Russland einen innerstaatlichen Konflikt kreiert.
Initiiert Russland innerstaatlich einen Aufstand und übt effektive Kontrolle
über die Aufständischen aus, so würde dies unter Art. 3 lit. g der
Aggressionsdefinition:
das Entsenden
bewaffneter Banden, Gruppen, Freischärler oder Söldner durch einen Staat oder
in seinem Namen, wenn diese mit Waffengewalt Handlungen gegen einen anderen
Staat ausführen, die auf Grund ihrer Schwere den oben aufgeführten Handlungen
gleichkommen, oder die wesentliche Beteiligung daran
sowie
nach der dem Nicaragua-Urteil des IGH einem bewaffneten Angriff gleichkommen
(Arnauld 2014: 452).
Aktionen im Cyberraum. Fraglich ist, ob eine Cyberattacke einen
bewaffneten Angriff darstellen kann. Hierbei sind die Waffe und ihre Wirkung zuerst
nicht physisch. Die Frage nach der Einordnung als tatsächlichen bewaffneten
Angriff hängt von der Folgenschwere der Aktion ab. Dies wäre dann der Fall,
wenn die Cyberattacke mit unwiderstehlicher Wirkung erhebliche Schäden
verursacht und in ihrer Wirkung der eines mit konventionellen Waffen geführten
Angriffs entspricht. (Arnauld 2014: 451, Herdegen 2012: 247, von Heinegg 2014:
1083). Auch hier wird sich ein Problem mit der Zurechenbarkeit ergeben (Steter
2006: 211-214).
Politisch
interessant aber rechtlich nicht aussagekräftig ist an dieser Stelle, dass die
NATO im Juni vergangenen Jahres erklärte, ein Cyberangriff sei ebenfalls von
Artikel 5 gedeckt, ohne jedoch diesen Cyberangriff näher zu definieren (Ranger
2014).
Im
Ergebnis ist es sehr gut möglich, viele der unter dem Begriff der hybriden
Kriegsführung zusammengefassten Handlungen unterhalb der Schwelle des
bewaffneten Angriffs durchzuführen.
Kumulation der Handlungen
Da
der klassische Angriffskrieg in den heutigen internationalen Beziehungen kaum
mehr einen realen Platz einnimmt, ist zu überlegen, ob die Kumulation von
Handlungen, die sich gerade unter dieser Schwelle befinden, insgesamt einen
bewaffneten Angriff ausmachen könnte. In seinem Oil Platforms-Urteil (Oil platforms, Islamic Republic of Iran
v. United States of America, ICJ Reports, Merits Judgement of November
2013, Para. 64),
stellt der IGH fest: “the question is whether that attack, either in
itself or in combination with the rest of
the "series of attacks" cited by the United States can be
categorized as an "armed attack" on the United States justifying self-defence”.
Daraus folgt,
dass es prinzipiell möglich ist, eine Reihe von Handlungen kumuliert am Begriff
des bewaffneten Angriff zu messen (Herdegen 2013: 246). Die Schwelle der im
Nicaragua-Urteil eingeführten erheblichen Wirkung bleibt dabei insofern
erhalten, als dass die Schwere der kumulativen Wirkung der Einzelhandlungen
diese Schwelle erreichen muss. Betrachtet man das Zusammenspiel der
Einzelhandlungen der hybriden Kriegsführung, steht es außer Zweifel, dass sie
sich gegen die politische Unabhängigkeit der baltischen Staaten richten.
Fraglich ist, ob ihre kumulative Wirkung, die wieder von der exakten
Ausgestaltung der Einzelhandlung abhängt, in ihrer Schwere der Anwendung von
Waffengewalt entspricht. Erreicht das Maß an Zerstörung durch Cyberattacken,
die Abschneidung von Energieimporten und von Russland kontrollierte
Aufständischen die Wirkung eines bewaffneten Angriffs im klassischen Sinne, so
kann man auch hier von einem Angriff ausgehen. Unklar bleibt, was konkret in
diesem Fall die Waffe darstellen würde.
Entscheidung im Nordatlantikrat
Die
Feststellung des bewaffneten Angriffs erfolgt durch den Nordatlantikrat, dieser
setzt sich aus ständigen Vertretern der Mitgliedsstaaten zusammen. Dieses
Gremium hat, auch angesichts der Tatsache, dass es aufgrund der Vetomacht
Russlands vom Sicherheitsrat keine Feststellung geben wird, einen gewissen
Entscheidungsspielraum. Das erste und letzte Mal, dass der Bündnisfall
ausgerufen wurde, nach den Anschlägen am 11. September, erklärte der Nordatlantikrat: “The
commitment to collective self-defence embodied in the Washington Treaty was
first entered into in circumstances very different from those that exist now,
but it remains no less valid and no less essential today […]” (NATO 2001). Artikel 5 bietet demnach eine
gewisse Flexibilität. Sollte es dazu kommen, dass die Staaten sich im
Nordatlantikrat auf die Feststellung des bewaffneten Angriffs nach Art. 5
einigen, so verpflichtet sie dies dazu Beistand zu leisten, in Form der
Maßnahmen, die die Staaten selbst für erforderlich halten. Sie sind also nicht
verpflichtet, militärische Mittel einzusetzen.
Fazit zu Art. 5 des Nordatlantikvertrages
Anzunehmen
ist, dass die russische Regierung im Baltikum weiterhin kurz unterhalb der
roten Linie des Art. 5 NAV agieren wird. Aufgabe der NATO wird es sein,
erfolgreich Abschreckung projizieren zu können. Denn im Kern ist es der Zweck
des Artikels 5, niemals zur Anwendung kommen zu müssen.
Um
sich gegenüber russischen Aktivitäten, die deutlich unter der Schwelle des
bewaffneten Angriffs liegen, abzusichern, sucht das Baltikum ebenso
Unterstützung in der Europäischen Union.
Beistandsklausel der EU
Auch die Verträge der EU
enthalten eine Beistandsklausel, Art. 42 VII EUV:
Im Falle eines
bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die
anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und
Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten
Nationen. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt.
Ebenso wie in Art. 5 NAT wird
hier der bewaffnete Angriff als Tatbestand genannt und es wird auf das
Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 verwiesen. Es könnte sich also auch um
eine militärische Form der Selbstverteidigung handeln. Nach Art. 42 VII EUV schulden die MS dem verletzten Staat
alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung. Eingeschränkt wird diese
Verpflichtung durch den Nachsatz: „Dies lässt den besonderen Charakter der
Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt“,
was auf die neutralen Länder und diejenigen, die sich nicht an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
beteiligen, abzielt. Nochmals wird die Beistandsklausel eingeschränkt, indem
klargestellt wird, dass die NATO „das Fundament ihrer [der Mitgliedsstaaten]
kollektiven Verteidigung und das Instrument für deren Verwirklichung bleibe“.
Umstritten ist, inwiefern Art.
42 VII eine echte Verpflichtung darstellt. Einige Autoren sind davon überzeugt
(Oppermann 2014: 633), andere Autoren argumentieren, dass eine echte
Verpflichtung, die militärische Mittel miteinbezieht, einem Element gemeinsamer
Verteidigung (nach Art. 42 II EUV) gleichkäme. Dies ist zwar langfristiges Ziel
der EU, aber noch nicht Teil des Europarechts und würde eine Vertragsänderung
notwendig machen (Groeben, Schwarze, Hatje [Hrsg.] 2015).
Unionsrechtliche
Möglichkeiten jenseits der Beistandsklausel
Um den rechtlichen Rahmen
abgesehen von einer Beistandsklausel abzustecken, sei zuerst der Grundsatz der
Solidarität hervorgehoben, der das Unionsrecht in vielen Varianten durchzieht.
Verstanden als Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten findet er sich in den
Zielen der EU, in Art. 3 III III Vertrag über die Europäische Union
(EUV) sowie als Grundsatz des auswärtigen Handelns der EU (21 I S.1 EUV) und in
der GASP, in Art. 24 III Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV).
Für den Fall von
Naturkatastrophen, durch Menschen verursachte Katastrophen und Terroranschlägen
wurde Art. 222 AEUV geschaffen. So mobilisiert zum einen die EU in diesem Fall „alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel,
einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen
Mittel“ um den betroffenen Mitgliedstaat zu unterstützen. Zum anderen leisten
die anderen Mitgliedstaaten dem betroffenen Staat auf das Ersuchen seiner
politischen Organe Unterstützung.
Zusätzlich bietet Art. 347
AEUV bieten den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, im Falle einer innerstaatlichen
Störung der öffentlichen Ordnung, im Kriegsfall oder bei Kriegsgefahr von
unionsrechtlichen Normen abzuweichen. Kämen die baltischen Staaten in
Bedrängnis, könnte die Möglichkeit des Abweichens von unionsrechtlichen Normen
an einigen Stellen die Situation erleichtern.
Aktiv kann die Europäische
Union durch einen Beschluss gem. Art. 25 EUV und durch eine Verordnung nach
Art. 215 AEUV ausgeführt restriktive Maßnahmen (Sanktionen) erlassen (Bieber,
Epiney, Haag 2014: 665). Dies wurde in der Ukrainekrise bereits genutzt.
Sollte Russland Öl- oder
Gaslieferungen aussetzen und damit Versorgungsengpässe im Baltikum auslösen,
ermöglicht es Art. 122 I AEUV dem Rat auf Vorschlag der Kommission Maßnahmen zu
ergreifen um den baltischen Staaten zu helfen. Art. 122 II AEUV ermöglicht
zudem die Gewährung finanziellen Beistands, wenn der Rat dies auf Vorschlag der
Kommission beschließt.
Um eine Notlage
der baltischen Staaten von vornherein zu verhindern, bietet die Energiepolitik
und der Aufbau transeuropäischer Netze einige Möglichkeiten. Grundlage für die Energiepolitik der EU ist Art. 194 AEUV, auch hier findet
die Solidarität unter den Mitgliedsstaaten eine besondere Betonung. Die Ziele
der EU-Energiepolitik enthalten Energieeffizienz und
Energieversorgungssicherheit. Erreicht werden soll diese beispielsweise durch
den Ausbau transeuropäischer Netze (Art. 170 ff. AEUV). Auf dieser Grundlage
wurde auf Aufforderung des Europäischen Rates von der Kommission das Konzept
der Energieunion entworfen (Yablokova 2015). Kernaspekte sind die Erhöhung der
Energieeffizienz, eine Umstellung auf eine Wirtschaft mit geringeren
CO2-Emissionen, die Vollendung des Energiemarktes, und Energieversorgungssicherheit in Hinblick
auf die existierenden großen Abhängigkeiten von Öl- und Gasimporten in Europa.
Immer stärker rückt so die Verknüpfung von Außen-und Sicherheitspolitik zu
Energiepolitik ins Blickfeld (Bieber, Epiney, Haag 2014: 557).
Aktuell wird deutlich, dass
auch das europäische Wettbewerbsrecht eine Chance bietet, das Baltikum
energiepolitisch abzusichern. So ermittelt die Kommission derzeit gegen Gazprom,
auf Grundlage des Art. 102 AEUV. Gazprom wird vorgeworfen seine
marktbeherrschende Stellung ausgenutzt zu haben. Möglich ist dies, da beim
räumlichen Anwendungsbereich des Kartellrechts neben dem
Territorialitätsprinzip nach Art. 52 EUV i.V.m. Art. 355 AEUV auch das
Wirkungsprinzip greift. So kann das Wettbewerbsrecht auf Gazprom als
Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, dessen Handlungen in der EU wirken,
angewendet werden (Schroeder 2013: 367).
Eine systematische Betrachtung von Energievulnerabilität
Ein besonders
verletzlicher Punkt für ein Land ist der Energiesektor. Denn Energie ist ein
essentieller Produktionsfaktor (Ströbele et al. 2012: 320); viele Staaten, auch
die baltischen, haben wenig eigene Ressourcen und sind so importabhängig (EIA
2015).
Auch weitere
Bedingungen können die Vulnerabilität des Energie-Systems erhöhen, also den
Grad, zu dem es nicht mehr fähig ist, mit nachteiligen Ereignissen umzugehen
(Gnansounou 2008: 3735). Für eine erkenntnisreiche Analyse ist es hilfreich,
den Begriff weiter zu systematisieren und zu modellieren. Dabei kann man
grundsätzlich zwei Modellarten unterscheiden: Die Modellierung
makroökonomischer Effekte von höheren Energiepreisen und die systematische
Betrachtung von Energievulnerabilität mit Hilfe sich ergänzender Indikatoren.
Für letztere sind grundsätzlich fünf Aspekte von Bedeutung (Gnansounou und Dong
2010: 2847-2848; Kruyt et al. 2009: 2167):
- Energy demand profile –das Nachfrageprofil
- Availability – Verfügbarkeit, vor allem entsprechend geologischer Bedingungen
- Accessibility – Zugänglichkeit, vor allem entsprechend geopolitischer Bedingungen
- Affordability – Erschwinglichkeit
- Acceptability – Akzeptanz der jeweils genutzten Technologien und Energieträger, auch hinsichtlich Bedenken bzgl. der Umwelt etc.
Operationalisierung
nach Gnansounou. Für die EU und
weitere Industriestaaten hat Gnansounou (2008) einen Index entwickelt, der die
betrachteten Länder entlang ihrer Energievulnerabilität in eine Rangfolge
bringt. Der Indexwert
für Land j ist dabei ein besonders sensibler
Durchschnitt von fünf Indikatorwerten
:
.
Die fünf Aspekte von
Energievulnerabilität, nach denen die Indikatorwerte gebildet werden, sind:
- Energieintensität (abhängig vom Nachfrageprofil)
- Importabhängigkeit bei Öl und Gas (abhängig von Verfügbarkeit und Zugänglichkeit)
- Das Verhältnis von energiebezogenen CO2-Emissionen zur primären Energieproduktion (abhängig vom Nachfrageprofil und der Verfügbarkeit)
- Verletzlichkeit im Bereich der Elektrizität (abhängig von Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Akzeptanz)
- Nichtdiversität im Transport von Ölen (abhängig von Verfügbarkeit und der Zugänglichkeit)
Da die
Indikatorwerte jeweils zwischen 0 und 1 liegen, wobei 1 für die vergleichsweise
höchste Vulnerabilität steht, ergibt sich auch für den Index ein Wert zwischen
0 und 1. Anhand ihrer Werte wurden die betrachteten Länder für das Jahr 2008
folgendermaßen hierarchisiert:
Für Estland wurde
eine vergleichsweise hohe Energievulnerabilität festgestellt, während Lettland
und Litauen eher im Mittelfeld auftauchen.
Einfluss einer
Veränderung des wahrgenommenen Risikos an Versorgungsschwankungen. Die wahrgenommene Bedrohungslage des Baltikums
(s. Einleitung) wirkt sich auf den Indikator der Importabhängigkeit von Öl und
Gas aus, wie sich im folgenden zeigen wird (auf andere Indikatorwerte hat sie
im vorliegenden Index keinen direkten Effekt). Der Wert des Indikators ergibt
sich erstens aus dem Anteil der Nettoöl- und Gasimporte am Primärenergieangebot
(Energieproduktion plus Importe minus Exporte und Lageränderungen) (Y_2j) sowie
zweitens der Anbieter/Marktkonzentration für Öl und Gas unter Einbeziehung der
geopolitischen Risiken der möglichen Herkunftsregionen (Commonwealth of
Independent States, zu dem vor allem Russland zählt, der Mittlere Osten, Afrika
etc.) (Z_2j). Y_2j beträgt für Estland 0,27, für Lettland 0,67 und
für Litauen 0,7 (eigene Berechnung nach IEA 2015). Z_2j wird unten
näher beleuchtet.
Durch
Multiplikation der Werte Z_2j und Y_2j, wird schließlich der Index der Importabhängigkeit
gebildet. Die Interpretation ist einfach: Ist die Verletzlichkeit bestehend aus
Marktkonzentration und geopolitischen Risiken gleich Null, so ist die
Importverletzlichkeit unabhängig von der Höhe der Nettoimporte ebenfalls Null.
Nach oben wird der Index jedoch abgeschnitten, sodass gilt: I_2j=min(1, Z_2j × Y_2j). I_2j
liegt folglich stets zwischen 0 und
1. Diese Vorgehensweise hat den Nachteil, dass das Maß nicht
mehr die Anforderung der Vollständigkeit erfüllt. Wenn alle Länder, für die
eine Importverletzlichkeit größer 1 besteht, dennoch eine 1 zugewiesen
bekommen, dann lassen sich Ländern in Bereichen hoher Verletzlichkeit nicht
mehr voneinander unterscheiden, bzw. in eine Rangfolge bringen.
Z_2j ist ein zusammengesetzter, risikogewichteter
Herfindahl-Index. Dabei werden zuerst die risikogewichtete
Anbieterkonzentrationen für Öl- und Gasimporte getrennt berechnet (Z_2Oj, Z_2Gj
. Anschließend
wird die Gesamtkonzentration als gewichteter Durchschnitt ermittelt. Dazu wird
die Konzentration auf beiden Märkten mit dem Anteil des Energieträgers am
Gesamtnettoimport gewichtet und addiert Z_2j=(OI_j×Z_2Oj+GI_j
×Z_2Gj))/(OI_j+GI_j ), wobei OI_j die
Ölimporte, GI_j die Gasimporte
und Z_2kj mit k=O für Öl oder k=G für Gas die Konzentration auf den jeweiligen Märkten darstellen. Ein Beispiel: Wenn
sich der Gesamtimport zu 30% aus Gas und 70% aus Öl zusammensetzt, wird die
Gesamtkonzentration wie folgt berechnet: 0,7×Z_2Oj+0,3×Z_2Gj.
Die Z_2kj wiederum
setzen sich aus den Marktanteilen (S_kjf)
der jeweiligen Exportregionen und dem
geopolitischen Risikofaktor der Importregion γ_f zusammen,
der das wahrgenommene Risiko an Versorgungsschwankungen darstellt. Z_2kj ergibt
sich dann folgendermaßen: Z_2kj=1+(∑_(f=1)^F▒(γ_f S_kjf^2))/(∑_(f=1)^F▒γ_f ). Die Marktkonzentration ergibt sich folglich aus den mit dem relativen
Risiko gewichteten quadrierten Marktanteilen. Die Interpretation ist denkbar
einfach: die Summe der einfachen Marktanteile ergibt naturgemäß eins. Die Summe
der quadrierten Marktanteile wird umso größer, je stärker sich die Anteile auf
einen oder wenige Marktteilnehmer konzentrieren (50%+50%=1; (50%)2+(50%)2=0,5;
(30%)2+(70%)2=0,58). Bei mit relativen Risiken
gewichteten quadrierten Marktanteilen wird zudem noch das geopolitische Risiko
berücksichtigt.
Dem Indikator
entsprechend ist es vorteilhaft zum einen möglichst viele der Importe aus
risikoarmen/-losen Regionen zu beziehen und das Risiko auf möglichst viele
Regionen zu verteilen, insb. falls das Risiko überall gleich hoch sein sollte.
Daraus ergibt sich die scheinbar paradoxe Situation, dass es nur dann immer
optimal ist alles aus der risikoärmsten Region zu importieren, wenn das
geopolitische Risiko null ist. Liegen die Risiken nahe genug beieinander
besteht die Möglichkeit, dass die erhöhte Marktkonzentration durch
vollständigen Bezug der Importe aus der risikoärmsten Region zu einem höheren
Importrisiko führt. Der Index empfiehlt folglich eine
Portfoliodiversifizierung, wie sie auch aus der Finanzmarkt- und Versicherungstheorie
bekannt ist. Bezieht ein Land seine Importe von mehr als nur der risikoärmsten
Region, so kann nie der gesamte Nettoimport ausfallen, insofern nicht alle
Regionen die Lieferungen einstellen. Dies unterstellt jedoch, dass die Risiken
der Regionen nur schwach, gar nicht oder negativ korreliert sind.
Möglich
ist es, durch Ableiten nach γ_CIS
die Auswirkung einer Erhöhung des wahrgenommenen Risikos von
Versorgungsschwankungen durch eine veränderte geopolitische Strategie Russlands
auf Z_2kj zu
ermitteln, wobei CIS=F gelten soll:
(1)
(∂Z_2kj)/(∂γ_CIS ) = (S_GjCIS^2×∑_(f=1)^F▒γ_f -∑_(f=1)^F▒(γ_f×S_kjf^2 ) )/(∑_(f=1)^F▒γ_f )^2
= (∑_(f=1)^(F-1)▒γ_f (S_kjCIS^2-S_kjf^2 ))/(∑_(f=1)^F▒γ_f )^2
= (∑_(f=1)^(F-1)▒γ_f (S_kjCIS^2-S_kjf^2 ))/(∑_(f=1)^F▒γ_f )^2
Dies zeigt, dass
eine Steigerung von γ_CIS ceteris paribus Z_2kj nur dann in jedem Fall erhöht, wenn S_kjCIS^2 größer als alle anderen S_kjf^2 ist, obwohl man
intuitiv vermuten würde, ein erhöhtes geopolitisches Risiko müsste die
Importverletzlichkeit ceteris paribus unabhängig vom Marktanteil steigern.
Hinsichtlich der baltischen Staaten muss dies jedoch nicht weiter diskutiert
werden, da die Marktanteile Russlands mit 100% im Gassektor (Liutho
2015: 88) und fast 100% im Ölsektor (Grigas 2013: 70, European Commission 2015)
alle anderen übersteigen. Die damit erfolgende Steigerung von Z_2kj erhöht nun Z_2j=((OI_j×Z_2Oj+GI_j
×Z_2Gj))/(OI_j+GI_j ), damit I_2j=min(1, Z_2j×Y_2j) und folglich : I_j=((∑_(i=1)^5▒I_ij^2 )/5)^0,5, ein Zeichen für eine erhöhte
Energievulnerabilität.
Optionen zum
Ausgleich des gestiegenen Risikos. Nun stellt sich die Frage, an welchen
Stellschrauben man drehen könnte, um die Energievulnerabilität wieder auf das
ursprüngliche Niveau zu senken. Die EU verfolgt dabei im Rahmen der
Energieunion langfristig u.a. folgende Möglichkeiten (Europäische Kommission
2015):
·
Steigerung
des Anteils erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz
Dies würde den Indikatorwert
, Energieintensität,
und ersteres auch
, das Verhältnis
energiebezogener CO2-Emissionen zur Primären Energieproduktion, beeinflussen.
·
Aufbau
von Infrastruktur und grenzüberschreitende Koordinierung um Energie innerhalb
der EU umleiten zu können.
Die
Option einer solchen Umleitung würde somit letztlich der Möglichkeit einer
Verringerung der Marktanteile Russlands im Gassektor im Falle von
Versorgungsschwankungen entsprechen, also in
(Öl- und Gasimportabhängigkeit) an
und somit an
drehen.
(Dabei wird angenommen, das wahrgenommene Risiko von Versorgungsausfällen durch Russland in den größeren EU-Staaten wie Deutschland usw. sei nicht gestiegen, da Russland es sich nicht leisten könne, seine Importe dorthin einzuschränken.)
(Dabei wird angenommen, das wahrgenommene Risiko von Versorgungsausfällen durch Russland in den größeren EU-Staaten wie Deutschland usw. sei nicht gestiegen, da Russland es sich nicht leisten könne, seine Importe dorthin einzuschränken.)
Anhand des Indexes
soll hier untersucht werden, inwiefern letztere Maßnahme den Index bei
gleichzeitiger Erhöhung des von Russland ausgehenden Versorgungsrisikos
konstant halten kann. Der Index kann konstant gehalten werden, wenn Z_2kj
konstant gehalten wird. (Aufgrund der leichteren Transportfähigkeit von Öl ist
dabei davon auszugehen, dass der Marktanteil Russlands in diesem mindestens
genauso weit verringert werden kann wie der im Gassektor.)
Durch Ableiten
ergibt sich, wie sehr sich Z_2Gj in Abhängigkeit von einer Reduktion von S_GjCIS ändert:
(2)
(dZ_2Gj)/(dS_GjCIS ) = 1/(∑_(f=1)^F▒γ_f ) 2γ_CIS S_GjCIS
=> dZ_2Gj = dS_GjCIS×2γ_CIS S_GjCIS/(∑_(f=1)^F▒γ_f )
=> dZ_2Gj = dS_GjCIS×2γ_CIS S_GjCIS/(∑_(f=1)^F▒γ_f )
Die Senkung von Z_2Gj durch Verringerung von S_GjCIS soll nun genauso groß sein, wie die Erhöhung von Z_2Gj durch Steigerung von γ_CIS
:
(3)
dZ_2Gjdγ = - dZ_2GjdS
Unter der Annahme,
dass S_GjCIS≈1, gilt nach
Gleichung (1): dZ_2Gj=dγ_CIS×(∑_(f=1)^(F-1)▒γ_f )/(∑_(f=1)^F▒γ_f
)^2
Demnach und nach (2)
gilt für (3):
(4) dγ_CIS×(∑_(f=1)^(F-1)▒γ_f)/(∑_(f=1)^F▒γ_f)^2
= - dS_GjCIS×2γ_CIS S_GjCIS/(∑_(f=1)^F▒γ_f )
= - dS_GjCIS×2γ_CIS S_GjCIS/(∑_(f=1)^F▒γ_f )
Nach Umstellung und Kürzen ergibt sich:
(5) - (dS_GjCIS)/(dγ_CIS ) = (∑_(f=1)^(F-1)▒γ_f )/(2S_GjCIS (∑_(f=1)^F▒γ_f ) γ_CIS )
Es zeigt sich, dass dS_GjCIS, die notwendige Verringerung
des Marktanteil S_GjCIS, bei einer
festen Änderung dγ_CIS laut Index umso geringer ist, je größer der bisherige Marktanteil S_GjCIS ist (im Baltikum gleich 1). Ansonsten sinkt er mit einem höheren
bisherigen Risiko von Seiten der CIS γ_CIS. Auch diese
Ergebnisse scheinen paradox und stellen die Modellierung des Index in Frage.
Problematisch ist darüber hinaus, dass die
wahrgenommenen Risiken an Versorgungsschwankungen schwer messbar sind und in
dem vorliegenden Modell nicht ausreichend operationalisiert wurden. Eine grobe
Schätzung der Werte würde helfen zu erkennen, ob (dS_GjCIS)/(dγ_CIS )<1, also ob der
Marktanteil der CIS weniger sinken müsste, als das wahrgenommene Risiko steigt,
oder andersherum.
Kritische
Betrachtung des Indexes und Ausblick. Es ist nicht vollkommen nachvollziehbar,
warum der Index gewisse Faktoren mit einbezieht, andere wie Erschwinglichkeit
und die Rolle kurzfristiger Reserven jedoch nicht. Vor allem aber wird die Art
und Weise der mathematischen Modellierung des Indexes von Gnansounou in seinem Artikel in der Energy policy nicht ausreichend begründet, sodass es an einer
Rechtfertigung für kontraintuitive Ergebnisse mangelt. Dennoch konnten mit
Hilfe des Index systematisch verschiedenen Stellschrauben zur Verringerung der
Vulnerabilität aufgezeigt werden.
Die baltischen
Staaten letztlich haben mit einem signifikanten Potential alternativer
Energieversorgung eine Perspektive (Dickel et al. 2014: 71). Eine große Rolle
spielt dabei neben den betrachteten Maßnahmen auch der Ausbau an Versorgung mit
Flüssiggas (Dickel et al. 2014: 72). Mit dem Kauf eines Flüssiggasterminals in
Litauen können nach Regierungsangaben bis zu 90% des Gasbedarfs des Baltikums
gedeckt werden (Schultz 2014). Damit würde der Marktanteil Russlands im
Gassektor und damit bei Annahme geringerer Risikofaktoren der LNG-Lieferanten
die Energieverletzlichkeit nach dem hier betrachteten Index drastisch reduziert
werden.
Die baltischen
Staaten als kleine Staaten
– Möglichkeiten und Grenzen der Durchsetzung ihrer Interessen in der EU
Es hat sich gezeigt, dass rechtlich ein großer
Spielraum für Hilfen für das Baltikum besteht, über dessen Ausfüllung politisch
entschieden wird – im Falle der NATO in einer Konsensentscheidung im
Nordatlantikrat, in der EU auf den üblichen Wegen über Kommission, Rat und
Parlament. Im hier beispielhaft betrachteten Fall der Energievulnerabilität
zeigen sich außerdem mehrere Möglichkeiten, dieselbe zu senken, für deren
Umsetzung die baltischen Staaten aber auf Unterstützung angewiesen sind. In
jedem Fall müssen sie also, um ihre Vulnerabilität zu senken, ihre Partner
davon überzeugen, ihnen beizustehen.
Doch wie können sie diese Überzeugungsarbeit leisten?
Es sind grundsätzlich zwei Seiten zu betrachten: Die Durchsetzungsfähigkeit der
baltischen Staaten sowie die Eigeninteressen der anderen Staaten. Von beidem
hängt das Verhandlungsergebnis maßgeblich ab. EU und NATO haben bereits
Maßnahmen ergriffen, die das Baltikum unterstützen. So wurden etwa NATO-Truppen
vorübergehend dort stationiert, um die Präsenz der Bündnispartner zu demonstrieren
(vgl. Lang 2015). Die EU bemüht sich verstärkt um die Schaffung einer
Energieunion, um die Abhängigkeit von Russland zu verhindern sich im Fall von
Lieferungsstopps (oder sonstigen Ausfällen) besser unterstützen zu können
(Yablokovo 2015).
Dennoch existiert die Sorge, diese Maßnahmen könnten
nicht ausreichen. Das Baltikum wünscht sich eine dauerhafte
Truppenstationierung, konnte sich damit aber bisher nicht durchsetzen, denn
wichtige Staaten wie Deutschland lehnten dies auch aus Rücksicht auf Russland
ab (Lang 2015). Auch innerhalb der EU herrscht Uneinigkeit über den Umgang mit
Russland. Während die baltischen Staaten für mehr Härte plädieren, ist z.B.
Griechenland, auch vor dem Hintergrund einer möglichen Unterstützung durch
Russland in seiner Staatsschuldenkrise, hier deutlich zurückhaltender (vgl.
Zeit 2015). Beachtet man diese zum Teil divergierenden Interessen, ist es daher
für die baltischen Staaten umso wichtiger, sich innerhalb der Organisationen
durchsetzen zu können. Der Schwerpunkt liegt bei der folgenden Betrachtung auf
der EU.
Für das Verständnis ist dabei wichtig, dass die
baltischen Staaten kleine Staaten im Sinne der „small states“-Theorie
von Thorhallsson (2006) sind. Nach Thorhallsson gibt es sechs relevante
Kategorien, anhand derer die Größe von Staaten bestimmt wird. Die Fixed size
umfasst Bevölkerung und Fläche. Sovereignty size und Political size
hängen eng zusammen, ersteres steht für die Souveränität über das Territorium
und das Vorhandensein eines Minimums an staatlichen Strukturen und
internationaler Präsenz, letzteres für militärische und administrative
Fähigkeiten sowie innen- und außenpolitische Einigkeit. In die Economic size
fließen die Wirtschaftsleistung in Form des Bruttoinlandsproduktes, die Größe
der zur Verfügung stehenden Absatzmärkte und Entwicklungserfolge der letzten
Zeit ein. Die letzten zwei Kategorien sind eher konstruktivistischer Natur: Wie
groß der Staat von internen und externen Akteuren wahrgenommen wird, wird in
der Perceptual size zusammengefasst und die Preference size wird
aus den Ambitionen und Prioritäten der politischen Elite, insbesondere auf
internationaler Ebene, gebildet.
Anhand dieser sechs Kategorien wird der Staat jeweils
nach seiner Handlungskapazität und seiner Vulnerabilität eingeordnet, aus einer
Zusammenschau all dieser Kategorisierungen wird schließlich die Gesamtgröße des
Staates gebildet.
Galbreath (2006, vgl. auch Lamoreaux und Galbreath
2008) analysiert anhand dieses Konzeptes die Größe der baltischen Staaten,
insbesondere Lettlands, und kommt zu einem Ergebnis, das weiterführende Fragen
eröffnet:
“What is important to note is
that with recognizing the small nature of the Latvian state, there are
strategies available to the Latvian government to ‘punch above their weight’ at
least in terms of the larger European region.”
(Galbreath 2006: 446)
Die baltischen Staaten sind also kleine Staaten,
können aber in für ihre Größe überverhältnismäßiger Weise ihre Interessen
sichern und durchsetzen. Eine naheliegende Antwort darauf, wieso sie dazu in
der Lage sind, bietet ihre Mitgliedschaft in internationalen Organisationen wie
EU und NATO. Durch diese kann potentiell in allen sechs Kategorien nach
Thorhallsson die Größe des Staates erhöht werden, Voraussetzung dafür ist aber
erfolgreiches uploading innerhalb der Organisation. Uploading
meint, dass die Organisation dazu bewegt werden muss, die Interessen der
kleinen Staaten als Ganzes zu vertreten. Wie können kleine Staaten dies
erreichen?
Pastore (2008) hat das Verhalten und den Erfolg
kleiner Staaten in der EU untersucht und anhand dessen eine small state
smart strategy entwickelt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die
baltischen Staaten direkt nach ihrem Beitritt zur EU weniger hilfreiche
Strategien verfolgten, so machten sie häufig von ihrem Vetorecht gebraucht, was
dem Willen der anderen Staaten, sie zu unterstützen, abträglich war und die
baltischen Staaten daher in die Isolation führte. Im Laufe der Zeit lernten sie
allerdings, welche Strategien geeignet für sie sind. Im Folgenden sollen diese
Strategien, die im Grundsatz von den baltischen Staaten schon verfolgt werden,
dargestellt und mit konkreten Handlungsoptionen für die gegenwärtige Situation
verknüpft werden. Sie umfassen insbesondere das Aufbauen einer guten
Reputation, „persuasive deliberation“, Lobbying, Bildung von Koalitionen und
die Verbesserung innerer Voraussetzungen.
Aufbauen einer guten Reputation: Die baltischen
Staaten können ihre Erfahrungen und Fähigkeiten aktiv einbringen. Dies tun sie
bereits im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik, hier können sie davon
profitieren, dass sie selbst den Veränderungsprozess von einem Sowjetstaat zu
einer Demokratie mit Marktwirtschaft bereits durchlebt haben und entsprechend
sowohl der EU als auch den mit ihr kooperierenden Nachbarstaaten, vor allem im
Osten, Empfehlungen geben können. Sie bringen sich außerdem bei Einsätzen der
NATO, z.B. in Afghanistan, trotz ihrer geringen militärischen Kapazität nach
ihren Kräften ein. Der hier gezeigte Kooperationswille ist für die Reputation
ebenso wichtig wie das Zeigen von Flexibilität. Dies bezieht sich sowohl auf
Politikfelder (der Ruf, ein „one-issue country“ zu sein, ist schlecht für die
Reputation) als auch auf die konkreten Politikinhalte. Die baltischen Staaten
bemühen sich schon sehr um eine gute Reputation, könnte sich hier allerdings
bezüglich seines Umgangs mit den russischsprachigen Minderheiten noch verbessern. Dieser wird häufig
von der EU und anderen Akteuren (z.B. der OECD) kritisiert, da den Minderheiten
wichtige Rechte vorenthalten werden (Ijabs 2013).
„Persuasive deliberation“: Dies bezieht sich
auf die Argumentationsweise. Strategisches Verwenden von Argumenten wird hier
neben Kompromissbereitschaft, Teilen von Informationen, Loben des
Verhandlungspartners, gute und rationale Begründung der eigenen Position und
der Berufung auf gemeinsame Werte genannt. Angesichts der aktuellen Situation
sollten die baltischen Staaten darauf achten, dass sie nicht als panisch
wahrgenommen werden, sondern ihre Befürchtungen und Vorschläge rational
begründen. Dazu gehören eine genaue Beobachtung des politischen Geschehens in
Russland und der Ereignisse in der Ukraine und die Bereitstellung dieser
Informationen für die anderen Staaten. Zudem kann der Grundwert der Solidarität
zur Argumentation herangezogen werden und die von der EU immer wieder betonte
herausgehobene Stellung des Völkerrechts, die impliziert, dass auf
Völkerrechtsverstöße entschlossen reagiert wird (vgl. Europäische Union 2003:
9). Zur Kompromissbereitschaft gehört, Verständnis für die Bedenken der anderen
Staaten zu zeigen, z.B. für ökonomische Bedenken gegen (weitere)
Wirtschaftssanktionen, dem könnte entgegen gekommen werden, in dem Vorschläge
für Ausgleichsmaßnahmen formuliert werden.
Lobbying: Beim Lobbying geht es
darum, Schlüsselakteure für die eigene Situation zu sensibilisieren. Dies sind
vor allem Akteure, die bei Verhandlungen vorbereiten, dabei den Vorsitz führen
oder auf sonstige Weise das Agenda-setting beeinflussen können. Innerhalb der
EU sind dies neben dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik und
der Kommission der Europäische Auswärtige Dienst, der eine besondere Rolle
spielt, da hier Mitarbeiter längerfristig beschäftigt sind und so stabile
Beziehungen aufgebaut werden können. Außerdem ist die Ratspräsidentschaft von
großer Bedeutung. Diese hat zurzeit (Januar bis Juni 2015) Lettland inne,
wodurch die baltischen Staaten für sie relevante Themen auf die Tagesordnung
setzen können. Konkret stehen im Programm unter anderem die Gründung der
Energieunion, Verbesserung der Cybersicherheit, die Europäische
Nachbarschaftspolitik mit Priorität auf der östlichen Nachbarschaft sowie die
Verbesserung der Sicherheit der Menschen im Hinblick auf das „Phänomen der
ausländischen Kämpfer“ (Lettische Ratspräsidentschaft der Europäischen Union 2015).
Liberalen Theorienansätzen zufolge wäre es daneben eine Möglichkeit,
Beziehungen zur Zivilgesellschaft der Partnerstaaten zu nutzen, um so die
innerstaatliche Präferenzbildung zu beeinflussen.
Bildung von Koalitionen: Die Bildung von
Koalitionen ist auch bei einstimmigen Entscheidungen zu empfehlen, um Isolation
und eine Reputation als „trouble-maker“ (Pastore 2013: 73) zu vermeiden. Es
kommen sowohl informelle Koalitionen als auch die Nutzung vorhandener, formaler
Institutionen in Betracht. Als informelle Partner bieten sich vor allem Polen
und die nordeuropäischen Staaten an, da diese sich von Russland ebenfalls
bedroht fühlen (Bergo 2015). Die baltischen und nordischen Außenminister
treffen sich bereits informell vor jeder Sitzung des Rates für Auswärtige
Angelegenheiten. Weiterhin könnten der Rat der Ostseestaaten (Council of the
Baltic Sea States), in dem die Außenminister der Ostseeanrainerstaaten und ein
Mitglied der Europäischen Kommission vertreten sind, sowie die Baltische
Versammlung (Baltic Assembly), eine Zusammenkunft von Vertretern der Parlamente
der baltischen Staaten, genutzt werden, um Politiken zu koordinieren.
Verbesserung interner Voraussetzungen: Hierzu zählen das
Aufbauen ausreichender Verwaltungskapazitäten und der Aufbau von Expertise in
der Verwaltung, um z.B. effektiv Lobbying zu betreiben oder Analysen der
Situation zu erstellen. Außerdem sollten die Politikziele konsistent und
kohärent sein, um als Partner von großen Staaten ernst genommen zu werden. Dazu
ist innenpolitische Kompromissfindung und langfristige Planung notwendig.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die
baltischen Staaten bereits viele der ihnen zur Verfügung stehenden Strategien
nutzen. Letztendlich gibt es für kleine Staaten keine Möglichkeit, die
Durchsetzung ihrer Interessen zu garantieren. Es bestehen aber Möglichkeiten,
sie zumindest wahrscheinlicher zu machen.
Fazit
Insgesamt ist erkennbar, dass
die baltischen Staaten im Unterschied zur Ukraine aufgrund ihrer Mitgliedschaft
in der EU und der NATO über Möglichkeiten verfügen, ihre Vulnerabilität im
Hinblick auf die mögliche Bedrohung durch Russland zu verringern. Aus Sicht der
baltischen Staaten ist es dabei notwendig, ihren Status als kleine Staaten
durch die Verwendung geeigneter uploading-Strategien so weit wie möglich zu
kompensieren, um den rechtlichen und tatsächlichen Spielraum an
Handlungsmöglichkeiten möglichst weit auszuschöpfen. Eine erfolgreiche Nutzung
von Lobbying bzw. Agenda-setting ist die Ratspräsidentschaft Lettlands, während
der die Energieunion entscheidend vorangetrieben wurde. Das Konzept der
Energieunion wurde durch die Kommission der EU erarbeitet und verwirklicht
bedeutende im AEUV festgelegte Ziele der Energiepolitik. Beispielsweise über
Diversifizierung von Energiequellen und Versorgungswegen ermöglicht sie eine
Senkung der Energievulnerabilität durch Senkung der Marktanteile Russlands. Zweifelhafter
ist, inwiefern die militärische Vulnerabilität durch reaktiven Beistand durch
die NATO gesenkt werden kann, weshalb eine Stärkung der Prävention, z.B. im
Bereich der Cybersicherheit, zu empfehlen ist.
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